Kant: AA X, Briefwechsel 1759 , Seite 017

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Collegia abgetragen. Da ein guter und wohlgesinnter Freund dessen      
  02 gegen mich Erwähnung that; so meldete es dem HE. Elt[ermann] Schütz,      
  03 in dessen Hause seine Mama lebt. Mittlerweile erschien er hier selbst      
  04 und hatte eine unvermuthete Lustreise gethan. Von HE. Elt. Schütz      
  05 sowohl als ihm bin ich fest versichert worden, daß das Geld übermacht      
  06 worden. Die Wahrheit beruht auf Ihrem Zeugnis. Es      
  07 schmerzt mich, und ich verschweig es nicht gegen Freund noch Feind,      
  08 wenn ich erfahren muß, daß manche Studierende von hier aus, die      
  09 ich redlich und aufrichtig an gute Lehrer weise, doch den löbl. Weg      
  10 ihrer Vorfahren gehen. Die Herren handeln nicht nach ihrer      
  11 Instruction von Vätern und Lehrern. Ich will es noch nicht von      
  12 allen gedacht haben, und dem allgemeinen Verderben kan allein der      
  13 Himmel steuren. Indessen was ich noch thun kan, und mit gültiger      
  14 Erlaubnis thue, ist dies, daß ich Sie, werther Freund ! um avthentike      
  15 Nachrichten zuweilen ersuche, ob dieser oder jener ordentlich seine      
  16 Collegia halte. Dies werden Sie, wo Sie wollen, mit Ja oder Nein      
  17 am sichersten mir beantworten, imgl. ob Sie bezahlt worden sind.      
  18 Mehrere Beschwerde will nicht machen, und werde zum wenigsten bey      
  19 einigen kleine Dienste leisten können. In diesem Verhältnis bin ich      
  20 berechtigt, mich zu erkundigen, ob der junge Stud. Schultz seine      
  21 Stunden, die er um Michael., wie er an seine Eltern schreibt, anfangen      
  22 will, gehörig bey Ihnen beobachtet, und praenumerirt habe? Es ist      
  23 uns um die Sicherheit darüber zu thun. Sie werden Keinen damit      
  24 beleidigen, erschrecken oder betrüben. Ich weiß es hernach auf gute      
  25 Weise weiter zu melden ; und es ist einem rechtschafnen Vater lieber,      
  26 die Wahrheit zu wissen, als des Sohnes Nachrichten allein zu glauben.      
  27 Gelegentl. werden Sie die Güte haben, nachdem Sie auch mehr von      
  28 seiner Führung erfahren oder bemerken, mir zuweilen es zu schreiben.      
           
  29 Man macht mir Hofnung, Ihre Gedanken über den Optimismum      
  30 zu lesen, und ich freue mich darauf. Vielleicht unterhält auch dies      
  31 eine Zeitlang unsern Briefwechsel, und ich werd ihn zu nützen suchen.      
  32 Meinen ergebnen Gruß an alle Freunde, die meiner im besten denken,      
  33 an HE. Freytag und HE. Hamann. Ich habe die Ehre, mit besondrer      
  34 Achtung zu seyn      
           
  35   - Ew. Hochedelgeb.      
  36   ergebenster Diener und Freund      
  37   M. Lindner .      
           
           
           
     

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