Kant: AA X, Briefwechsel 1779 , Seite 253

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Herrn Kraus habe ich geschrieben, was ich ihm für Hofnung geben      
  02 kann. Er muß ein halbes Iahr für sich hier aushalten können; dann      
  03 ist es wahrscheinlich, daß er wenigstens nicht länger ohne Unterstützung      
  04 bleiben werde. Mehr versprechen darf ich nicht. Mein Ansehn in      
  05 Göttingen ist in Absicht auf solche Empfelung in einer so manchfaltigen      
  06 ehrwürdigen Concurrenz, daß sich nicht viel darauf rechnen      
  07 läßt. Ich umarme Sie von ganzer Seele      
           
  08   Ihr ergebenster      
  09   Freund und Diener      
  10   IGHFeder      
           
           
    150.      
  12 Von Iohann Erich Biester.      
           
  13 Berlin, d. 11. April. 1779.      
           
  14 Der Ueberbringer dieses Briefes ist der junge Ettner aus Breslau,      
  15 der izt nach Königsberg geht, um dort seine Studien anzufangen.      
  16 Er hat mich um ein Empfehlungsschreiben an Sie, theurester Mann,      
  17 gebeten. Ich kenne ihn selbst gar nicht; nur seinen Stiefvater, einen      
  18 sehr würdigen Mann, Bürgermeister einer nahen Stadt, der mir dieselbe      
  19 Bitte gethan hat. Allein, wenn ich ihn auch genauer kente, wie      
  20 könt' ich dreist genug seyn, ihm ein solches Schreiben an Sie mitzugeben;      
  21 da die Art Bekantschaft, worin ich mit Ihnen zu stehen das      
  22 Glück habe, mich gar nicht zu solchen Freyheiten berechtiget? - Indessen,      
  23 ich sehe es als eine Bescheidenheit des jungen Menschen an,      
  24 der doch lieber mit einer Art Einführung vor Ihnen erscheinen will.      
  25 In diesem Gesichtspunkt, u. als eine Gelegenheit Sie aufs neue      
  26 meiner wahrsten Hochachtung zu versichern, schreibe ich sehr gern      
  27 diesen Brief.      
           
  28 Der vortrefliche Kraus (den man täglich mehr schäzen lernt, wie      
  29 man ihn mehr kennen lernt) wird Ihnen geschrieben haben, daß ich      
  30 Ihnen einen kleinen Auszug aus Reinh. Forsters Philosophischen Beobachtungen      
  31 auf der Südseereise schicken werde. Das Buch ist selten;      
  32 dieß ist das Einzige, was meine Dreistigkeit entschuldigen kann, Ihnen      
  33 so etwas von mir vorzulegen; nebst meiner heissen Begierde, Ihnen      
  34 auf irgend eine Art einen Gefallen zu erzeigen. Ich werde Ihnen      
  35 sehr bald Etwas, wenn auch noch nicht Alles, schicken.      
           
           
     

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