Kant: AA X, Briefwechsel 1785 , Seite 406

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
    243.      
  02 An Christian Gottfried Schütz.      
           
  03 Königsberg, 13. Sept. 1785.      
           
  04 Die lebhafte Theilnehmung an meinen geringen literarischen Bemühungen,      
  05 davon Sie in der A. L. Z. so einleuchtende Proben gegeben,      
  06 ingleichen die richtige Darstellung derselben, vornehmlich Ihre für mich      
  07 selbst belehrende treffliche Tafel der Elemente unserer Begriffe; bewegen      
  08 mich zum größten Danke und verbinden mich zugleich in der Ausführung      
  09 meines Planes, den Sie angekündigt haben, die Erwartung      
  10 des Publici, welche Sie rege machten, nicht zu täuschen, worauf Sie      
  11 denn auch, wie ich demüthigst hoffe, sich verlassen können.      
           
  12 Ich bin aber eine Recension schuldig, dazu ich mich anheischig      
  13 machte. Theuerster Freund! Sie werden mich entschuldigen, daß ich      
  14 daran durch eine Arbeit, zu der ich mich, theils durch den Zusammenhang      
  15 meines ganzen Entwurfs, theils durch die Stimmung meiner      
  16 Gedanken berufen fühlte, gehindert worden. Ehe ich an die versprochene      
  17 Metaphysik der Natur gehe, mußte ich vorher dasjenige, was zwar eine      
  18 bloße Anwendung derselben ist, aber doch einen empirischen Begriff      
  19 voraussetzt, nämlich die metaphysischen Anfangsgründe der Körperlehre,      
  20 so wie, in einem Anhange, die der Seelenlehre abmachen ; weil jene      
  21 Metaphysik, wenn sie ganz gleichartig seyn soll, rein seyn muß, und      
  22 dann auch, damit ich etwas zur Hand hätte, worauf, als Beispiele in      
  23 concreto, ich mich dort beziehen, und so den Vortrag faßlich machen      
  24 könnte, ohne doch das System dadurch anzuschwellen, daß ich diese mit      
  25 in dasselbe zöge. Diese habe ich nun unter dem Titel: metaphysische      
  26 Anfangsgründe der Naturwissenschaft, in diesem Sommer fertig      
  27 gemacht, und glaube, daß sie selbst dem Mathematiker nicht unwillkommen      
  28 seyn werde. Sie würden diese Michaelsmesse herausgekommen      
  29 seyn, hätte ich nicht einen Schaden an der rechten Hand bekommen,      
  30 der mich gegen das Ende am Schreiben hinderte. Das Manuscript      
  31 muß also schon bis Ostern liegen bleiben.      
           
  32 Ietzt gehe ich ungesäumt zur völligen Ausarbeitung der Metaphysik      
  33 der Sitten. Entschuldigen Sie mich ferner, werthester Freund, wenn      
  34 ich nichts zur A. L. Z. innerhalb einer geraumen Zeit liefern kann.      
  35 Ich bin schon so ziemlich alt, und habe nicht mehr die Leichtigkeit,      
  36 mich zu Arbeiten von verschiedener Art so geschwinde umzustimmen,      
           
     

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