Kant: AA X, Briefwechsel 1786 , Seite 450

     
           
 

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    272.      
  02 Von Carl Christian Erhard Schmid.      
           
  03 18. Mai 1786.      
           
  04 Wohlgebohrner Herr,      
  05 Hochzuverehrender Herr Professor!      
  06 Ich nehme mir die Freyheit, Euer Wohlgebohren diese geringe      
  07 Schrift ehrerbietigst zu übersenden. Sie ist dazu bestimmt, in meiner,      
  08 freylich noch sehr eingeschränkten, Sphäre gewisse Grundsätze mehr in      
  09 Umlauf zu bringen, von deren Beherzigung ein so großer Theil der      
  10 gewünschten Aufklärung wenigstens der Nachwelt abhängt. Vielleicht      
  11 ist es aber auch diese gute Absicht allein, die meiner Arbeit einige      
  12 Nachsicht und Duldung bey dem philosophischen Publicum erwerben      
  13 kann: so wie mir diese allein den Muth eingeflößt hat, sie dem Auge      
  14 eines Mannes vorzulegen, für den ich zu viel wahre Ehrfurcht hege      
  15 und hegen muß, um Ihm mit einem so unvollkommenen Producte      
  16 meines Fleißes lästig zu werden. Es ist einer meiner lebhaftesten      
  17 Wünsche, mich in Zukunft Ihrer schätzbaren Wohlgewogenheit einigermaßen      
  18 würdig zu machen; indessen werde ich mich doch, mit der aufrichtigsten      
  19 Verehrung Ihrer Verdienste nennen dürfen      
           
  20   Euer Wohlgebohren      
  21 Iena, den 18ten May. gehorsamsten Diener      
  22 1786. Mag. Carl Christian Erhard Schmid.      
           
           
    273.      
  24 An Ludwig Heinrich Iakob.      
           
  25 Königsberg den 26. May. 1786      
           
  26 Ew: Hochedelgeb. werthes Schreiben, welches mir ein durchreisender      
  27 Candidat überbrachte, hat mir in Ansehung des Antheils, den Sie an      
  28 meinen philosophischen Bemühungen nehmen, viel Vergnügen gemacht.      
  29 Ich hoffe, es solle Sie künftig nicht reuen diese Parthey ergriffen zu      
  30 haben, so viel Geschrey, zum Theil auch Cabale, jetzt auch noch dawieder      
  31 ist; denn es liegt in der Natur der Menschen, sich so lange als möglich      
  32 bey einem Wahne, in dem sie alt geworden, zu vertheidigen und      
  33 man kan nur von jungen kraftvollen Männern erwarten, daß sie sich      
  34 davon los zu machen Denkungsfreyheit und Herzhaftigkeit gnug haben      
  35 werden. Ich bin eben jetzt damit beschäftigt, auf Ansuchen meines Verlegers      
           
     

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