Kant: AA XII, Briefwechsel 1795 , Seite 006

     
           
 

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  01 passend, für Ihr Publicum nützlich, für Ihren Zweck befördernd halten, ich will      
  02 Ihnen und Ihren Freunden dafür alles leisten, was ich in der Ankündigung versprochen      
  03 habe, und Sie sonst noch verlangen. Ich sehe recht bald gütiger Antwort      
  04 entgegen, hoffe, wegen meiner Dreistigkeit und des tittellosen Styls, des ich mich      
  05 bedienet habe, von Ihnen Verzeihung und bin mit inniger Hochachtung und Erwartung      
  06      
           
  07   Ihr      
  08 Gera ganz ergebenster      
  09 den 8ten Febr. Ch. G. Steinbeck.      
  10 1795.        
           
           
    651.      
  12 Von Carl Friedrich Stäudlin.      
           
  13 21. Febr. 1795.      
           
  14 Verehrungswürdigster Mann,      
           
  15 Ihre gütige Aufnahme meines mangelhafften Werks hat mich mit      
  16 der lebhaftesten Freude erfüllt. Ihr Urtheil hat einen Werth für      
  17 mich, der mir für manche ungerechte Urtheile, die diß Werk schon hat      
  18 erfahren müssen, mehr als Entschädigung ist. Ich kenne zwar die      
  19 Flecken und Unvollkommenheiten dises Werks sehr gut, es ist auch      
  20 Manches mit Recht öffentlich gegen dasselbe gesagt worden. Von der      
  21 andern Seite hat man mich nach Idealen von Pragmatismusbeurtheilt,      
  22 die in der Geschichte der Philosophie nicht erreichbar sind; man hat      
  23 mir Vieles aufgebürdet, was ich nicht gesagt habe; man hat offt die      
  24 Hauptzwecke des Werks gänzlich verkannt oder verschwiegen. Ich      
  25 werde daher bald als Beilage zu meiner Geschichte noch eine kleine      
  26 Schrifft über den Begriff und die Geschichte des Skepticismus,      
  27 auch dessen Verhältniß zur kritischen Philosophie      
  28 herausgeben. Sie haben mir so viel Zutrauen eingeflösst, daß ich      
  29 mir vielleicht die Freiheit nehme, Sie späterhin wegen einiger Hauptpuncte      
  30 zu befragen, die ich in dieser Schrifft zu entscheiden suchen      
  31 werde. Doch verzeihen Sie, daß ich so viel von mir rede.      
           
  32 Der mir versprochenen Abhandlung "Der Streit der Facultäten"      
  33 sehe ich mit der grösten Sehnsucht entgegen. Ich habe über      
  34 disen höchst wichtigen Gegenstand noch nie recht einig mit mir werden      
  35 können. Desto mehr freue ich mich, hoffen zu dürffen, von einem so      
  36 großen Manne darüber belehrt zu werden, und bitte auch in diser      
  37 Rücksicht den Himmel, daß recht bald Friede werden möchte. In jedem      
           
     

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