Kant: AA XII, Briefwechsel 1795 , Seite 054

     
           
 

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  01 ich weiß nicht, ob der Wunsch so manches Patrioten, von den      
  02 Veränderungen in der Philosophie, welche von seinem Vaterlande ausgehn,      
  03 und die Sehnsucht so manches wißbegierigen Ungelehrten von      
  04 den großen Verhandlungen über die wichtigsten Wahrheiten einige      
  05 Kentniß zu nehmen und den Mann, über welchen er so viel und so      
  06 verschieden urtheilen hört, näher zu kennen - ob diese Wünsche ungerecht      
  07 sind, und - ob sie nicht durch eine Schrift befriedigt werden      
  08 könnten, an deren Ausarbeitung ich - wenn Eur Wohlgebohrn sie      
  09 erlaubten - mich mit freudigem Eifer wagen würde.      
           
  10 ich wünschte nehmlich, auf nicht vielen Bogen, die gemeinverständlichsten,      
  11 interessantesten und schöngesagtesten Stellen Ihrer      
  12 Schriften - vorzüglich der größern, weniger der in Iournalen zerstreuten      
  13 leichtern - zu sammlen, in Rubriken zu ordnen und allenfals      
  14 mit wenigen und kurzen Anmerkungen zu erläutern: - Eine      
  15 Chrestomathie, ungefähr wie man einige aus Luthers Werken hat.      
  16 Mein Publicum wären: der Unstudirte der selbst denkt; der Studirende,      
  17 der ehe er sich an Ihre Werke selbst wagt, sich erst mit einigen Ihrer      
  18 Ideen bekant machen will.      
           
  19 Hätte mein Plan das Glück von Ihnen gebilligt zu werden: so      
  20 würde ich mir außer Ihrer Erlaubniß auch noch einen Wink über die      
  21 Rechte Ihrer Verleger in dieser Rücksicht gehorsamst erbitten; so wie      
  22 ich überhaupt jede Belehrung, welche Sie mir zur zweckmäßigeren Einrichtung      
  23 dises Werkchens zukommen zu lassen die Gewogenheit haben      
  24 würden mit nie versiegendem Danke annehmen werde.      
           
  25 Auf jeden Fall bleibt meine Verehrung gegen Sie unsterblich.      
           
  26   Ph. W. Wolf      
  27 Prenzlau den 22 sten Prediger und Prorector in Prenzlau.      
  28 December 1795.        
           
           
    690a.      
  30 An Georg Wilhelm Bartoldy.      
           
  31 Zwischen October 1795 u. Februar 1796.      
           
  32 Erwähnt: Elisabeth von Stägemann, Erinnerungen für edle Frauen.      
  33 Leipzig. 1846. II, S. 253f.      
           
           
           
     

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