Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 181

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Es ist dieß die eintzige und auch letzte Bitte an den verehrungswürdigen      
  02 philosophischen Greiß, deren Erfüllung Endesunterschriebener      
  03 als ein kostbares Andenken von ihm ansehn und schätzen wird.      
           
  04 Marienburg.        
  05 den 9t July Forster. Forster.      
  06 1797        
           
           
    761.      
  08 An Christian Gottfried Schütz.      
           
  09 Königsberg, 10. Iul. 1797.      
           
  10 Unaufgefordert von Ihnen, würdiger Mann, doch veranlaßt durch      
  11 Ihren an unsern gemeinschaftlichen, vortrefflichen Freund, den Herrn      
  12 Hofprediger Schultz, abgelassenen Brief, ergreife ich diese Gelegenheit,      
  13 Ihnen meine Freude über Ihren besseren Gesundheitszustand, als ihn      
  14 das Gerücht seit geraumer Zeit verbreitet hatte, bezeugen zu können.      
  15 Ein so gemeinnützig thätiger Mann muß froh und lange leben!      
           
  16 Der Anstoß, den Sie im gedachten Briefe an meinem neuerdings      
  17 aufgestellten Begriffe des "auf dingliche Art persönlichen Rechts"      
  18 nehmen, befremdet mich nicht, weil die Rechtslehre der reinen Vernunft,      
  19 noch mehr wie andere Lehren der Philosophie, das: entia praeter necessitatem      
  20 non sunt multiplicanda sich zur Maxime macht. Eher      
  21 möchte es Ihr Verdacht thun, daß ich, durch Wortkünstelei mich selbst      
  22 täuschend, vermittelst erschlichener Principien das, wovon noch die Frage      
  23 war: ob es thunlich sey, für erlaubt angenommen habe. Allein man      
  24 kann im Grunde Niemandem es verdenken, daß er, bei einer Neuerung      
  25 in Lehren, deren Gründe er nicht umständlich erörtert, sondern bloß      
  26 auf sie hinweiset, in seinen Deutungen den Sinn des Lehrers verfehlt,      
  27 und da Irrthümer sieht, wo er allenfalls nur über den Mangel der      
  28 Klarheit Beschwerde führen sollte.      
           
  29 Ich will hier nur die Einwürfe berühren, die Ihr Brief enthält,      
  30 und behalte mir vor, dieses Thema mit seinen Gründen und Folgen,      
  31 an einem andern Orte ausführlicher vorzutragen.      
           
  32 1. "Sie können sich nicht überzeugen, daß der Mann das Weib      
  33 zur Sache macht, sofern er ihr ehelich beiwohnet et vice versa. Ihnen      
  34 scheint es nichts weiter, als ein mutuum adiutorium zu seyn." -      
  35 Freilich, wenn die Beiwohnung schon als ehelich, d.i. als gesetzlich,      
           
     

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