Kant: AA XII, Briefwechsel 1802 , Seite 344

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dieser Zwek gewesen seyn? Ie nun, warum nahm ich denn die einträglichen      
  02 Anerbietungen Vollmers damahls nicht an? warum unterhandelte      
  03 ich weiter nicht mit ihm? zu einer Zeit, da mir ein Paar      
  04 hundert Thaler weit mehr werth waren als izt. Uebrigens könnte ich      
  05 gegen manche Stelle des mir von Vollmer zugeschriebenen Briefes noch      
  06 manches einwenden Aber womit diesen oder jenen kleinen Umstand      
  07 belegen da ich mein Schreiben an Vollmer gar nicht in Abschrift behalten,      
  08 und Vollmer's Antwort, von der ich nicht gewiß weiß, ob ich      
  09 Ihnen etwas darüber gesagt habe, sogleich nach ihrem Empfange, als      
  10 unnütz cassirte. Ia, hätte ich Vollmern die phys: Geographie in Verlag      
  11 geben wollen: so durfte ich das ja nicht hinter Ihrem Rükken thun,      
  12 da Iähsche und ich, uns ausdrüklich die Erlaubniß erbaten und von      
  13 Ihnen erhielten, ganz ungehindert deshalb unterhandeln zu können.      
           
  14 Ist demnach nur noch einige Ursache, ich will nicht sagen vorhanden,      
  15 sondern nur denkbar, die mich zu einer Unlauterkeit hätte bewegen      
  16 können? Ia, ich darf dreust die Frage an jeden thun, ob er      
  17 mir je eine Unlauterkeit vorwerfen konnte, und je etwas andres, als      
  18 einen leidenschaftlichen Freund der Wahrheit in mir sah?      
           
  19 Mag also auch jemand in Ihrer Nähe ein Interesse haben, mich      
  20 Ihnen zweifelhaft zu machen, wie es mir scheint: so rechne ich doch      
  21 darauf, daß Sie, Verehrungswürdigster, und mancher Andre mich genauer      
  22 kennen, und daß Sie, wenn Sie für Ihre Ruhe auch, die Ausdrükke      
  23 Ihrer lezten Erklärung zu stark finden, Sie doch die Güte haben      
  24 werden, mir wenigstens Ihre eigenhändige Erklärung zuzustellen, da      
  25 Ihre erste Erklärung gegen den Buchhändler Vollmer, würklich      
  26 von Ihnen herrühre Da diese Bitte ganz der Wahrheit gemäß      
  27 ist: so zweifle ich nicht, daß Sie mir dieselbe gewähren werden.      
           
  28 Ihre neuliche Erklärung ist zwar zum Abdruk abgegangen, aber      
  29 ich habe sogleich nachgeschrieben, daß sie nicht soll abgedrukkt werden. In      
  30 persönliche Streitigkeiten können Ew. Wohlgebohrnen dadurch aber, meiner      
  31 ganzen Einsicht nach nicht kommen. Doch, Ihr Befehl, Ihr bloßer Wunsch      
  32 ist mir zu theuer, als daß ich nicht Alles für ihn thun sollte. Ihrer gütigen      
  33 Auskunft sehe ich mit Verlangen entgegen, und nichts wird die innige      
  34 Verehrung abändern, mit der ich auch izt die Ehre habe zu verharren,      
           
  35   Ew: Wohlgebohrnen      
  36 Danzig ganz gehorsamster Diener      
  37 d. 13ten Iuly 1802. Rink.      
           
           
           
     

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