Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 147

     
           
 

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  01 oder Relation. Raum und Zeit sind keines von beyden, also Gar nicht      
  02 praedicate von obiecten an sich selbst. Raum und Zeit sind anschauungen      
  03 a priori. Denn aus ihren Begriffen laßen sich die Sätze nicht synthet      
  04 (synthetische) nicht herleiten, die wir von ihnen a priori haben. Wie sind      
  05 anschauungen a priori moglich? Nicht anders, als daß die Form, etwas      
  06 durch Sinne anzuschauen, ohne Materie, d.i. ein gegebenes obiect der      
  07 Sinne, für sich vorgestellt werden kann. Also sind Raum und Zeit Formen      
  08 der sinnlichen anschauung. Also können wir von Raum und Zeit und den      
  09 obiecten in ihnen, d.i. als Gegenstanden der Sinne, vieles a priori erkennen,      
  10 welches darum eben nicht von denselben obiecten als Dingen an      
  11 sich selbst gilt.      
           
           
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Simplex et compositum.

     
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M § 224—229.

     
           
   

 

5299.   υ.   M 67'.   E II 618.   Zu M § 224:
 
     
  15 Ein gantzes ist entweder der Ableitung oder Zusammensetzung. Das      
  16 letztere ist dasjenige, in welchem eines in einem gewissen Zustande nicht      
  17 ist, ohne daß ein anderes in einem ähnlichen auch sey. Es macht also      
  18 Vieles eine reale Einheit aus. e.g. Wenn ein Theil eines Korpers nicht      
  19 bewegt werden kann, ohne daß der andere mitbewegt wird. Es komt hiebey      
  20 alles bey substantzen auf die wechselseitige Einflüße der Veranderungen an.      
           
  21 Die Zusammensetzung ist die zufallige Einheit des Vielen. Daher      
  22 ist nicht ein iedes Gantze Zusammengesetzt. e.g. der Raum, weil die      
  23 Einheit hier vor der Vielheit vorhergeht oder die Vielheit die Einheit,      
  24 um darin gedacht zu werden, voraussetzt. Diese Einheit besteht in der      
  25 Verknüpfung entweder mit einem dritten oder untereinander. Diese Zusammensetzung      
  26 ist entweder ideal oder real; das erste durch Zusammennehmung,      
  27 das zwyte durch Verknüpfung.      
           
  28 Ein Gantzes ist also entweder der fortsetzung oder Zusammensetzung,      
  29 das erstere ist qvantum continuum, das zweyte discretum. Das erstere      
  30 hat zufallige Vielheit in Einem, das zweyte zufallige Einheit in vielem.      
           
     

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