Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 430

     
           
 

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  01 Der die Moglichkeit der Wunder läugnet, würde sagen können: es ist wohl      
  02 Kraft dazu da, aber kein Grund, der die Ausübung derselben nach einem      
  03 Princip, aus welchem Naturordnung entspringt, ablenkete; den dieser      
  04 Grund müßte in der Natur liegen und doch eine abänderung der Natur      
  05 nothwendig machen.      
           
   

 

6037.   ψ2.   M 346'.   E II 1411.
 
     
  07 Der Anfang der Welt läßt sich nicht anders als ein Daseyn denken,      
  08 vor welchem eine Zeit vorhergeht, darinn das Ding nicht ist. Ein absoluter      
  09 Weltanfang läßt sich weder in der Welt allein noch in abhangigkeit von      
  10 Gott denken; denn in ihm müßte sonst ein Zustand gewesen seyn, darinn      
  11 die caussalitaet der Welt nicht war. Im Laufe der Welt kan Gott die      
  12 Ursache seyn von einer Veranderung, ohne sich zu Verändern. Denn der      
  13 Veranderte Zustand der Dinge bringt veränderte Verhaltnisse zur Gottlichen      
  14 Thatigkeit (die immer dieselbe ist) hervor. Aber vor dem Daseyn      
  15 der Welt konnte nichts sich verändern, was zum Entstehen gewirkt hatte,      
  16 als Gott selber.      
           
   

 

6038.   ψ3—4.   M 351'.   E II 1574.
 
     
  18 Es ist eine nothwendige Hypothesis der Einheit Vernunft als eines      
  19 principii der Einheit aller unserer Erkentnisse, ein einiges allgemeines      
  20 Urwesen als principium von allem anzunehmen, dieses wesen als Verstandig      
  21 anzunehmen, weil nur dadurch, daß es durch Verstand die Ursache      
  22 von allem ist, die Welt nach regeln angeordnet ist, dadurch sie ein obiect      
  23 vor unsern Verstand wird, endlich als eine Ursache durch vernünftige willkühr,      
  24 damit sie ein principium eines Vernünftigen Willens vor vor uns sey      
  25 und der allgemeinen Einheit aller unserer freyen Handlungen. Der theism      
  26 ist also nicht eine dogmatische Behauptung, sondern eine nothwendige      
  27 Hypothese des durchgangig einstimmigen Gebrauchs der Vernunft, vornemlich      
  28 der selbstgnugsamkeit derselben.      
           
     

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