Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 154

     
           
 

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  01 zu sich selbst etwas beraubt seyn müsse. Der, welcher von der      
  02 schwachen und entkräftenden Aufwallung des Errothens und der      
  03 Verlegenen Bescheidenheit frey wäre; der von andern die wahre und lebendige      
  04 Vorstellung hätte, ihr Urtheil in Ansehung seiner nicht von so      
  05 großem Gewichte zu finden; der keine Weichliche Unruhe fühlete, wenn er      
  06 vermuthet, daß andere ihm Ungeneigt wären, oder durch mangel an selbgnugsamkeit      
  07 zu den Gesetzen der Gesellschaft geschmeidig gemacht würde,      
  08 der durch Beschwerlichkeiten nur neue Kräfte bekomt und den feindschaft      
  09 und Drohen nur warm und muthig machen; der abgehärtet, zum Wohlleben      
  10 und zum Mangel gleich entschlossen, kein Spiel seiner Einbildungen      
  11 und sympathien, sondern von starker, sich selbst besitzender Gesundheit      
  12 wäre. Dieser würde sich in großer Versuchung sehen, das zu wagen, wovon      
  13 andere sich dadurch abhalten lassen, daß sie bey dem tadelnden Auge      
  14 anderer nicht contenance halten könen, die von andern viel hoffen und      
  15 fürchten und die glauben, in Einode versetzt zu werden, wenn sie anderer      
  16 Neigung gegen sich erkalten sähen. Er würde darum vielleicht nicht so      
  17 fort ein Bösewicht, aber ein wenig nachgebend seyn etc. etc.      
           
  18 Die tugend gegen sich selbst komt auf Stärke an, imgleichen die grosmüthige      
  19 tugenden gegen andere, aber die milden und sanften, die nachgebenden      
  20 auf schwächen. Das Roß muß entnervt werden, damit es der      
  21 menschliche centaur regiren kan.      
           
   

 

6764.   ξ? φ?   Pr 36.   In §73:
 
     
  23 Wir könen an den Handlungen die moralitaet und legalitaet derselben      
  24 betrachten. wenn diese statt findet, ist jene noch nicht entweder dem object      
  25 nach (Gütigkeit) oder blos dem Bewegungsgrunde nach (Gesinnung oder      
  26 furcht). Die Legalität ist entweder juridisch oder ethisch.      
           
   

 

6765.   ξ? φ?   Pr 37.   In §74:
 
     
  28 Die Handlung, deren intention, als allgemeine Regel betrachtet, sich      
  29 selbst und andrer ihrer nothwendig wiederstreiten würde, ist moralisch unmöglich.      
           
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  31 Die Gesinnung, sich in seinen Handlungen dem allgemeinen principio      
  32 der regeln gemäß zu verhalten, ist moralisch. Wenn der Wille der      
  33 form des Verstandes überhaupt unterworfen ist.      
           
     

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