Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 515

     
           
 

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De potestate legislatoria. Exsecutoria et inspectoria.

     
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§ 113--119.

     
           
   

 

7780.   ρ? ο?   J 96.
 
     
  04 (s a ) Die Staatsverwaltung und regirung ist nicht einerley. Der Printz      
  05 regirt, wenn er nach seinen Sachen sieht; er verwaltet, wenn er sie selber      
  06 führt. Es geht immer besser, wenn er nur regirt, d. i. darauf sieht, daß      
  07 jeder seine Pflicht thue, bey der Gesetzgebung dabey ist und andren die      
  08 Verwaltung überläßt. Der Herr braucht nicht selbst die Pferde zu regiren      
  09 noch wie Nero zu Kutschiren. Er braucht so gar nicht einmal dessen Handwerk      
  10 zu verstehen. Wenn er nur versteht, wenn die Pferde gut seyn und      
  11 wie viel oder wie gut er was verlangen kann, und darauf sieht, daß jener      
  12 die guten Thiere, die ihm arbeiten sollen, nicht verhungern lasse oder sie      
  13 übertreibe, so geht alles gut. Auch so gar muß er kein Soldat seyn,      
  14 aber doch es zu beurtheilen wissen, denn er wird sonst einen Stand vor      
  15 dem andern schätzen. Er muß keinen Liebling haben. Wenn er die administration      
  16 andern überläßt und nur die Aufsicht Uber sie führt, so hat das      
  17 auch diesen Vortheil, daß der Haß nicht auf ihn sondern den minister fällt.      
           
   

 

7781.   ρ? ο??   J 98.
 
     
  19 Der Souverain giebt Gesetze, regirt (nicht administrirt) und inspicirt      
  20 die Gerechtigkeit. Er muß nicht administriren, denn das ist ein actus      
  21 singularis, der unter dem Gesetze steht, welcher unrecht seyn kan      
  22 und wieder welchen ein Schutz im Staate seyn muß. Sein Wille gehet      
  23 nicht auf einen actum singularem, da ein Fall unter dem Gesetze subsumirt      
  24 wird (in dieser subsumtion kann allein das Unrecht bestehen aber      
  25 nicht in der sanction der Gesetze, weil die allein das Recht bestimmen);      
  26 dergleichen das directorium, das Gouvernement und Magistraete thun;      
  27 denen der Souverain durch den Minister seinen Willen kund thut. Ob er      
  28 aber gleich nicht administrirt, so regirt er doch, indem er das gouvernement      
  29 einsetzt, absetzt und so weiter. Er ist Oberrichter (inspector).      
  30 Er spricht kein Urtheil im besondern Falle sondern setzt andere Richter      
  31 ein oder auch ein Ausserordentlich gericht, weil dieses wiederum eine allgemeine      
  32 Handlung ist, da er aus dem Volk selbst die Hülfe vor ihr Recht      
  33 nimmt und sich also das Volk selbst recht spricht. Auf ihm haftet also kein      
     

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