Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 552

     
           
 

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  01 an den Souverain abgetreten und da er hierüber nicht disponiren kann,      
  02 einen unerlaubten und nichtigen Vertrag gemacht, sondern er verliert es      
  03 kommt gar nicht auf sein Belieben an, ob er wolle gestraft werden, sondern      
  04 er verliert den statum civilem und ist vogelfrey.      
           
   

 

7915.   υ--φ? ψ?   J 180.   Zu § 197 „vocatur ius necis“:
 
     
  06 Was jemand gegen einen andern verübt, dazu giebt er eben dadurch      
  07 dem andern ein Recht, es gegen ihn zu verüben, wenn nicht das Gegentheil      
  08 unter ihnen beschlossen ist. Daher darf kein pactum vorhergehen,      
  09 damit das Gemeine Wesen recht habe, den Mörder am Leben zu bestrafen;      
  10 das kommt allen, denen die Vertheidigung aller Rechte des Beleidigten      
  11 obliegt, lege zu. Er kan gar nicht über Unrecht klagen. Es ist auch nicht      
  12 eine verletzung der Menschheit überhaupt (wie etwa Lüge) sondern eine      
  13 Handlung, wodurch das, was die Menschheit entehrt, aufgehoben wird.      
  14 Auch muß die Strafe spezifisch einerley seyn mit dem, was Thäter ausgeübt      
  15 hat, wo nicht der Beleidigte einwilligt: Beschimpfung mit Beschimpfung,      
  16 Beraubung mit Beraubung. Das publicum fordert doch noch      
  17 etwas mehr wegen seiner Sicherheit. Schläge beschimpfen nicht, wenn      
  18 man sie erwiedert,aber wohl, wenn man sie vor geld und gute worte vorlieb      
  19 nehmen würde. Geldstrafe ist eben so viel, als ob der Beleidigte sich      
  20 sein Recht zu klagen hätte abkaufen lassen.      
           
   

 

7916.   υ--χ? ψ?   J 183.
 
     
  22 Die Todesstrafe kan nicht als freywillig einem jeden sich selber (wie      
  23 jedem andern) durch ein pactum auferlegt angesehen werden, denn es versteht      
  24 sich von selber, daß, wenn ihm das von Andern wiederfährt, was er      
  25 gegen einen von ihnen ausgeübt hat, er nicht über unrecht klagen könne.      
  26 Er hat sich selbst des Rechts der Erhaltung verlustig gemacht. Es ist      
  27 lächerlich zu verlangen, daß durch ein Gesetz, der so etwas dergleichen ausgeübt      
  28 hat, mit dem Rechte der Wiedervergeltung verschont bleiben solle.      
  29 Auch ist es absurd, daß jemand sich verbindlich mache, gestraft zu werden.      
  30 Ein jeder kan nur ein Recht gründen, so fern er sich selbst von aller künftigen      
  31 Verletzung anderer, für unverdächtig halten zu lassen, fodern kann.      
  32 Er stimmt immer zur Bestrafung anderer, und da alle nach seinem Vorgange,      
     

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