Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 583

     
           
 

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  01 kan es nicht zwingen und sich auch zu nichts obligiren, gleich als ob es      
  02 einen freien Willen hätte, denn es wird zu allem durch den Souverain gezwungen.      
  03 Eben darum aber hat auch der Souverain, wenn er vom Volke      
  04 unterschieden ist, sein Vorrecht nicht aus einem Vertrage sondern blos facto,      
  05 weil kein Vertrag zu einem passiven Gehorsam möglich ist: sondern die      
  06 höchste Gewalt steht zugleich dem Rechte vor. Wenn also ein König das      
  07 Volk in seinen repraesentanten zusammen beruft, um den Staat zu reformiren,      
  08 so hält sie nun keine Verbindlichkeit ab, dem Staate eine ganz      
  09 andre Form zu geben, und sie können so fort die Souveränetät an sich      
  10 nehmen.      
           
   

 

8019.   ψ3--4.   J 148. 149.
 
     
  12 149:      
           
  13 Was vor Auflagen ein Monarch befehlen will, ist würde die Sache      
  14 des Volcks gegen den souverain seyn zu beurtheilen, welches unmöglich ist;      
  15 aber wie er sie distribuiren repartiren will, ist die Sache eines theils des      
  16 Volks gegen das andere, und da kan der monarch Unrecht thun, wenn er      
  17 zum Vortheil des einen und Nachtheil des Andern die Eintheilung macht.      
  18 Hierüber hat also das Volk ein recht zu urtheilen.      
           
  19 Die souverainität hat bey einer wohl disciplinirten Armee den Vortheil,      
  20 daß daraus das größte Weltbeste entspringen kann, weil alsdenn      
  21 ieder frey schreiben darf so wohl in Ansehung der Religion als Gesetzgebung,      
  22 welches freye Staaten vielleicht zwar einräumen aber zu befolgen      
  23 nicht wagen können, weil bey ihnen jede Neuerung aufruhr oder Verlust      
  24 der freyheit droht. Allmählig wird eine solche regirung patriotisch. Der      
  25 Weltpatriotism bewegt den philosoph das zu wünschen. 148: Mit der Zeit      
  26 wird der souverain nicht durch eine so unendliche Kluft von seinem Volke      
  27 getrennt, daß er unter keinem das Volk aber lediglich unter seinen Gesetzen      
  28 steht. Sondern er wird collegia haben, die auch Macht besitzen, die als      
  29 magisträte inviolabel sind aber doch unter dem Gesetze stehen, dadurch      
  30 wird die Gute Regirung sich immer bessern und auf die Nachkommen fortpflanzen      
  31 können. Die Gewalt aber einzuschränken kommt darauf an, daß      
  32 Officire zugleich magisträte sind.      
           
     

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