Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 091

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Gott ist nicht die einige Substanz, die da existirt, und alle andre sind nur      
  02 abhängend von ihm da etc.      
           
  03 Ich bemerke hier nur noch folgendes. Der Beweisgrund von dem      
  04 Dasein Gottes, den wir geben, ist lediglich darauf erbauet, weil etwas      
  05 möglich ist. Demnach ist er ein Beweis, der vollkommen a priori geführt      
  06 werden kann. Es wird weder meine Existenz noch die von andern Geistern      
  07 noch die von der körperlichen Welt vorausgesetzt. Er ist in der That      
  08 von dem innern Kennzeichen der absoluten Nothwendigkeit hergenommen.      
  09 Man erkennt auf diese Weise das Dasein dieses Wesens aus demjenigen,      
  10 was wirklich die absolute Nothwendigkeit desselben ausmacht, also recht      
  11 genetisch.      
           
  12 Alle Beweise, die sonst von den Wirkungen dieses Wesens auf sein,      
  13 als einer Ursache, Dasein geführt werden möchten, gesetzt daß sie auch so      
  14 strenge beweisen möchten, als sie es nicht thun, können doch niemals die      
  15 Natur dieser Nothwendigkeit begreiflich machen. Blos daraus, daß etwas      
  16 schlechterdings nothwendig existirt, ist es möglich, daß etwas eine erste      
  17 Ursache von anderem sei, aber daraus daß etwas eine erste, das ist, unabhängige      
  18 Ursache ist, folgt nur, daß, wenn die Wirkungen da sind, sie auch      
  19 existiren müsse, nicht aber daß sie schlechterdings nothwendiger Weise      
  20 da sei.      
           
  21 Weil nun ferner aus dem angepriesnen Beweisgrunde erhellt, daß      
  22 alle Wesen anderer Dinge und das Reale aller Möglichkeit in diesem      
  23 einigen Wesen gegründet seien, in welchem die größte Grade des Verstandes      
  24 und eines Willens, der der größt mögliche Grund ist, anzutreffen, und      
  25 weil in einem solchen alles in der äußerst möglichen Übereinstimmung sein      
  26 muß, so wird daraus schon zum voraus abzunehmen sein, daß, da ein      
  27 Wille jederzeit die innere Möglichkeit der Sache selbst voraussetzt, der      
  28 Grund der Möglichkeit, das ist, das Wesen Gottes, mit seinem Willen in      
  29 der größten Zusammenstimmung sein werde, nicht als wenn Gott durch      
  30 seinen Willen der Grund der inneren Möglichkeit wäre, sondern weil eben      
  31 dieselbe unendliche Natur, die die Beziehung eines Grundes auf alle Wesen      
  32 der Dinge hat, zugleich die Beziehung der höchsten Begierde auf die dadurch      
  33 gegebene größte Folgen hat, und die letztere nur durch die Voraussetzung      
  34 der erstern fruchtbar sein kann. Demnach werden die Möglichkeiten      
  35 der Dinge selbst, die durch die göttliche Natur gegeben sind, mit seiner      
  36 großen Begierde zusammenstimmen. In dieser Zusammenstimmung aber      
  37 besteht das Gute und die Vollkommenheit. Und weil sie mit einem übereinstimmen,      
           
     

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