Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 352

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 seien, und daß man sich mit Verneinungen behelfen müsse, um      
  02 etwas von allem Sinnlichen so sehr Unterschiedenes zu denken, daß aber      
  03 selbst die Möglichkeit solcher Verneinungen weder auf Erfahrung, noch      
  04 auf Schlüssen, sondern auf einer Erdichtung beruhe, zu der eine von      
  05 allen Hülfsmitteln entblößte Vernunft ihre Zuflucht nimmt. Auf diesen      
  06 Fuß kann die Pneumatologie der Menschen ein Lehrbegriff ihrer nothwendigen      
  07 Unwissenheit in Absicht auf eine vermuthete Art Wesen genannt      
  08 werden und als ein solcher der Aufgabe leichtlich adäquat sein.      
           
  09 Nunmehr lege ich die ganze Materie von Geistern, ein weitläuftig      
  10 Stück der Metaphysik, als abgemacht und vollendet bei Seite. Sie geht      
  11 mich künftig nichts mehr an. Indem ich den Plan meiner Nachforschung      
  12 auf diese Art besser zusammenziehe und mich einiger gänzlich vergeblichen      
  13 Untersuchungen entschlage, so hoffe ich meine geringe Verstandesfähigkeit      
  14 auf die übrige Gegenstände vortheilhafter anlegen zu können. Es ist      
  15 mehrentheils umsonst das kleine Maß seiner Kraft auf alle windichte Entwürfe      
  16 ausdehnen zu wollen. Daher gebeut die Klugheit sowohl in diesem      
  17 als in andern Fällen, den Zuschnitt der Entwürfe den Kräften angemessen      
  18 zu machen und, wenn man das Große nicht füglich erreichen kann, sich      
  19 auf das Mittelmäßige einzuschränken.      
           
           
     

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