Kant: AA XX, Erste Einleitung in die Kritik der ... , Seite 236

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Wirkung sind. Da es nun ganz wider die Natur physisch-mechanischer      
  02 Ursachen ist, daß das Ganze die Ursache der Möglichkeit der Caussalität      
  03 der Theile sey, vielmehr diese vorher gegeben werden müssen, um die      
  04 Möglichkeit eines Ganzen daraus zu begreifen; da ferner die besondere      
  05 Vorstellung eines Ganzen, welche vor der Möglichkeit der Theile vorhergeht,      
  06 eine bloße Idee ist, und diese, wemn sie als der Grund der Caussalität      
  07 angesehen wird, Zweck heißt: so ist klar, daß, wenn es dergleichen Produkte      
  08 der Natur gibt, es unmöglich sey, ihrer Beschaffenheit und deren Ursache      
  09 auch nur in de Erfahrung nachzuforschen (geschweige sie durch die Vernunft      
  10 zu erklären), ohne sie sich, ihre Form und Caussalität, nach einem      
  11 Princip der Zwecke bestimmt vorzustellen.      
           
  12 Nun ist klar: daß in solchen Fällen der Begrif einer objectiven      
  13 Zweckmäßigkeit der Natur blos zum Behuf der Reflexion über das      
  14 Object, nicht zur Bestimmmung des Objetcs durch den Begrif eines Zwecks,      
  15 diene und das teleologische Urtheil über die innere Möglichkeit eines      
  16 Naturprodukts ein blos reflectirendes, nicht ein bestimmendes Urtheil      
  17 sey. So wird z.B. dadurch, daß man sagt, die Crystallinse im Auge      
  18 habe den Zweck, durch eine zweyte Brechung der Lichtstrahlen die Vereinigung      
  19 der aus einem Puncte auslaufenden wiederum in einen Punkt      
  20 auf der Netzhaut des Auges bewirken, nur gesagt, daß die Vorstellung      
  21 eines Zwecks in der Caussalität der Natur bey Hervorbrungung des      
  22 Auges darum gedacht werde, weil eine solche Idee zum Princip dient,      
  23 die Nachforschung des Auges, was das genannte Stück desselben betrift,      
  24 dadurch zu leiten, imgleichen auch der Mittel wegen, die man ersinnen      
  25 könnte, um jene Wirkung zu befördern. Dadurch wird nun der Natur      
  26 noch nicht eine nach der Vorstellung von Zwecken, d.i. absichtlich wirkende      
  27 Ursache beygelegt, welches ein bestimmendes teleologisches Urteil,      
  28 und, als ein solches, transcendent seyn würde, indem es eine Caussalität      
  29 in Anregung bringt, die über die Naturgrenzen hinaus liegt.      
           
  30 Der Begrif der Naturzwecke ist also lediglich ein Begrif der reflectirenden      
  31 Urtheilskraft zu ihrem eigenen Behuf, um der Caussalverbindung      
  32 an Gegenständen der Erfahrung nachzugehen. Durch ein teleologisches      
  33 Princip der Erklärung der inneren Möglichkeit gewisser Naturformen      
  34 wird unbestimmt gelassen, ob die Zweckmäßigkeit derselben absichtlich,      
  35 oder unabsichtlich sey. Dasjenige Urtheil, welches eines von      
  36 beyden behauptete, würde nicht mehr blos reflectirend, sondern bestimmend      
           
    01 Wirkung seyn. wider von Kant in: wieder verbessert. physisch mechanischer      
    06 Kein Komma vor: und      
    07 Kein Komma vor: wenn      
    08 Kein Komma vor: ihrer      
    10 ihre v.a. ihrer? Kein Komma vor: ihre und: nach      
    11 sich vorzustellen. (mit Buek).      
           
           
     

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