Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 277

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 etwas außer uns entspreche, oder nicht, in der Erweiterung der Erkenntniß      
  02 keine Änderung macht, indem wir ohnedem uns deshalb nicht an den      
  03 Objecten, sondern nur an unsrer Wahrnehmung, die jederzeit in uns ist,      
  04 halten können.      
           
  05      
  06 Hieraus folgt das Prinzip der Eintheilung der ganzen Metaphysik:      
  07 Vom Übersinnlichen ist, was das speculative Vermögen der Vernunft      
  08 betrifft, kein Erkenntniß möglich (Noumenorum non datur scientia).      
           
  09      
  10 So viel ist in neuerer Zeit in der Transscendentalphilosophie geschehen,      
  11 und hat geschehen müssen, ehe die Vernunft einen Schritt in der      
  12 eigentlichen Metaphysik, ja, auch nur einen zu derselben hat thun können      
  13 indessen daß die Leibnitz-Wolfische Philosophie immer in Deutschland      
  14 bey einem andern Theile ihren Weg getrost fortwanderte, in der Meynung,      
  15 über den alten Aristotelischen Satz des Widerspruchs noch einen neuen      
  16 Kompaß zur Leitung den Philosophen in die Hand gegeben zu haben,      
  17 nämlich den Satz des zureichenden Grundes für die Existenz der Dinge,      
  18 zum Unterschiede von ihrer bloßen Möglichkeit nach Begriffen, und den      
  19 des Unterschiedes der dunkeln, klaren, aber noch verworrenen, und der      
  20 deutlichen Vorstellungen, für den Unterschied der Anschauung von der      
  21 Erkenntniß nach Begriffen, indessen daß sie mit aller dieser ihrer Bearbeitung      
  22 unwissentlich immer nur im Felde der Logik blieb, und zur Metaphysik      
  23 keinen Schritt, noch weniger aber in ihr gewonnen hatte, und      
  24 dadurch bewies, daß sie vom Unterschiede der synthetischen von den      
  25 analytischen Urtheilen gar keine deutliche Kenntniß hatte.      
           
  26 Der Satz: „Alles hat seinen Grund”, welcher mit dem „Alles      
  27 ist eine Folge”, zusammenhängt, kann nur so fern zur Logik gehören,      
  28 und der Unterschied statthaben zwischen den Urtheilen, welche problematisch      
  29 gedacht werden, von denen, die assertorisch gelten sollen, und ist      
  30 bloß analytisch, da, wenn er von Dingen gelten sollte, daß nämlich alle      
  31 Dinge nur als Folge aus der Existenz eines andern müßten angesehen      
  32 werden, der zureichende Grund, auf den es doch angesehen war, gar      
  33 nirgend anzutreffen seyn würde, wider welche Ungereimtheit dann      
  34 die Zuflucht in dem Satz gesucht würde, daß ein Ding (ens a se), zwar      
  35 auch noch immer einen Grund seines Daseyns, aber in sich selbst habe,      
  36 d.i. als eine Folge von sich selbst existire, wo, wenn die Ungereimtheit      
  37 nicht offenbar seyn soll, der Satz gar nicht von Dingen, sondern nur von      
           
           
           
     

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