Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 301

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Fortschritt der Metaphysik in ihrem dritten Stadium, im Felde der      
  02 Theologie, eben darum, weil er auf den Endzweck geht, der leichteste      
  03 unter allen ist, und, ob sie sich gleich hier mit dem Übersinnlichen beschäftigt,      
  04 doch nicht überschwänglich, sondern der gemeinen Menschenvernunft      
  05 eben so begreiflich wird, als den Philosophen, und dies so sehr,      
  06 daß die letztern durch die erstere sich zu orientiren genöthigt sind, damit      
  07 sie sich nicht ins überschwängliche verlaufen. Diesen Vorzug hat die      
  08 Philosophie als Weisheitslehre vor ihr als speculativer Wissenschaft,      
  09 von nichts anderm, als dem reinen praktischen Vernunftvermögen,      
  10 d.i. der Moral, sofern sie aus dem Begriffe der Freyheit, als einem      
  11 zwar übersinnlichen, aber praktischen, a priori erkennbaren Prinzip      
  12 abgeleitet worden.      
           
  13 Die Fruchtlosigkeit aller Versuche der Metaphysik, sich in dem,      
  14 was ihren Endzweck, das Übersinnliche, betrifft, theoretisch-dogmatisch      
  15 zu erweitern: erstens in Ansehung der Erkenntniß der göttlichen Natur,      
  16 als dem höchsten ursprünglichen Gut; zweytens der Erkenntniß der      
  17 Natur einer Welt, in der, und durch die das höchste abgeleitete Gut      
  18 möglich seyn soll; drittens der Erkenntniß der menschlichen Natur,      
  19 sofern sie zu dem, diesem Endzwecke angemessenen Fortschreiten, mit der      
  20 erforderlichen Naturbeschaffenheit angethan ist; — die Fruchtlosigkeit,      
  21 sage ich, aller darin bis zum Schlusse der Leibniz-Wolfischen Epoche      
  22 gemachten und sogleich das nothwendige Mißlingen aller künftig noch      
  23 anzustellenden Versuche soll itzt beweisen, daß auf dem theoretisch-dogmatischen      
  24 Wege für die Metaphysik zu ihrem Endzweck zu gelangen,      
  25 kein Heil sey, und daß alle vermeynte Erkenntniß in diesem Felde      
  26 transscendent, mithin gänzlich leer sey.      
           
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Transscendente Theologie.

     
           
  28 Die Vernunft will in der Metaphysik von dem Ursprunge aller      
  29 Dinge, dem Urwesen (ens originarium), und dessen innerer Beschaffenheit      
  30 sich einen Begriff machen, und fängt subjectiv vom Urbegriffe      
  31 (conceptus originarius) der Dingheit überhaupt (realitas), d.i. von      
  32 demjenigen an, dessen Begriff an sich selbst ein Seyn, zum Unterschiede      
  33 von dem, dessen Begriff ein Nichtseyn vorstellt, nur daß sie, um sich      
  34 objectiv auch das Unbedingte an diesem Urwesen zu denken, dieses, als      
  35 das All (omnitudo) der Realität enthaltend (ens realissimum) vorstellt,      
  36 und so den Begriff desselben, als des höchsten Wesens, durchgängig      
           
           
           
     

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