Kant: AA XXIII, Vorarbeit zu den Prolegomena zu einer ... , Seite 053

   
         
 

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LBl Warda, Altpr. Monatsschrift 37 (1900), 533-553 IV 372ff.

   
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Erster Bogen, 1. Seite

   
         
  03 Strenge critische Beurtheilungen wenn sie auf die Principien eines    
  04 Werks gerichtet und gründlich seyn interessiren wenigstens das Publicum    
  05 dadurch daß sie den Verfasser nothigen seine Gedanken mehr zu bestimmen    
  06 oder seine Fehler zu verbessern. Der Recensent meines Werks hat es nicht    
  07 gut gefunden weder mich noch das Publicum durch seine Beurtheilung    
  08 zu belehren es sey daß er uber einem weitläuftigen Werke welches mir    
  09 jahre gekostet hat um es durchzudenken nicht lange weilen mochte oder    
  10 daß eine unlustige Laune ihn bebrachte es aus einem unvortheilhaften    
  11 Gesichtspuncte anzusehen oder welches ich ungerne annehmen mochte    
  12 daß er sich so tief in seinen Schulbegrif von Metaphysik hineingedacht    
  13 hat daß es ihm nunmehr ganzlich unmoglich ist seine Idee zu erweitern    
  14 und eine schon einstudirte Wissenschaft einer Reform zu unterwerfen.    
  15 Ich würde daher auch davon garnicht Worte machen da seine    
  16 Beurtheilung mir nichts schadet wenn etc.    
         
  17 Er fängt davon an, von dem Werke diesen Begrif zu machen den er    
  18 bis zu Ende des Werks verfolgt es sey namlich nichts mehr oder Weniger    
  19 als ein System des Idealismus. Dieses Urtheil kommt ungefehr so hinaus    
  20 wie wenn jemand etwa einen Euclid in die Hand bekommen hätte ohne    
  21 jemals von Geometrie den mindesten Begrif gehabt zu haben und aufgefodert    
  22 würde sein Urtheil davon zu fallen. Er würde dünkt mich    
  23 indem er im Durchblättern so viel Figuren gesehen beym Anfange sich    
  24 nicht verweilt und daher von dem weiteren keinen Begrif hatte etwa    
  25 sagen dieses Buch ist eine Anweisung zum Zeichnen: der Verfasser bedient    
  26 sich einer besonderen Sprache um sachen zu lehren die das gemeine    
  27 Augenmaaß leicht und natürlich verrichten könte u. s. w.    
         
  28 Laßt uns aber doch zusehen ob denn auch wirklich ein Idealism    
  29 in dem Sinne darinn ihn der Autor nimmt darin anzutreffen ist.    
         
  30 Der Satz der Idealisten von der Eleatischen Schule an bis auf Berkley    
  31 lautete so: Alle Erkentnis durch Sinne und Erfahrung ist nichts als lauter    
  32 Schein und nur in den Ideen des reinen Verstandes ist Warheit.    
         
         
     

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