Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Über den ... , Seite 127

   
         
 

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LBl C 7 R I 148-150

   
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  03 Es ist natürlich daß ein Professor der Mathematik es sey als dogmatischer    
  04 Wissenschaft oder als wissenschaftlichem Bekentnis seiner (und    
  05 allen Menschen gemeinsamen) Unwissenheit das Wort so fern rede daß    
  06 er wenigstens ihre Unschuld an allen Revolutionen vertheidigt. Ob sie    
  07 überhaupt bloße Pedanterey sey und die Empiriker in Staatsprincipien    
  08 die eigentlichen Weisen sind die mit ihrer Einsicht der Welt vorleuchten    
  09 und die Rationalisten mit Recht in ihre Schule zurückweisen das muß er    
  10 gänzlich dem Urtheil derer die Gewalt haben überlassen.    
         
         
  11 Ich weiß nicht ob ich urtheilen soll daß durch die neuerliche sonst unerhörte    
  12 Anklage der Metaphysik daß sie von Staatsrevolutionen Ursache    
  13 sey ihr zu viel unverdiente Ehre oder zu viel unverschuldete böse Nachrede    
  14 aufgebürdet werde; denn es ist schon seit lange her der Geschäftsmänner    
  15 Grundsatz sie als Pedanterey in die Schule zu verweisen..    
         
  16 Kunst in der Moral zu kriechen Wenn vom Recht die Rede ist so    
  17 kan man nicht vom Empirischen ausgehen sondern blos von der Vernunft.    
  18 Man darf nicht besorgen daß jene muthige Grundsätze der Freyheit    
  19 Ausschweifungen machen werden. Alles wird sich in der Anwendung    
  20 von selbst die Schranken setzen so bald ein jeder sein Recht in der bürgerlichen    
  21 Gesellschaft geschützt wissen will. - Denn da muß nicht etwa    
  22 jemand einen Theil seiner Freyheit weggeben um das Übrige zu retten    
  23 denn die Freyheit ist nicht etwa ein Aggregat das zerstückelt werden    
  24 kann sondern absolute Einheit als Princip eines Systems dem gemäs    
  25 man zwar einen Theil seiner Rechte d. i. der rechtmäßigen Einschränkung    
  26 Anderer durch unsere Willkühr aber eben nur jener ungeschmälerten    
  27 Freyheit will, nicht diese selbst ganz oder zum Theil aufgeben kann.    
         
  28 Es bleibt jede Folge der alten Grundsätze nur mit dem Vorbehalt    
  29 sie nach und nach dadurch daß man sie nicht erneuert eingehen zu lassen.    
         
  30 Natürlich frey ist jemand der nicht gezwungen werden darf zum    
  31 Vortheil eines Andern etwas zu thun ohne daß es nach seinem eigenen    
  32 Urtheil auch zu seinem Vortheil ist. - Moralisch frey ist der so unter    
  33 an sich zufälligen von ihm selbst eingegangenen Verbindlichkeit steht Kann    
  34 dieser aber nicht darinn seinen Vortheil finden daß er sich eines Andern    
  35 Liebe überläßt? Nein! Es giebt nur zwey Wege Recht oder Gewalt.    
         
     

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