Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum ... , Seite 323

   
         
 

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  01 In der Idee dieses gemeinschaftlichen Besitzes und nach Gesetzen die    
  02 aus diesem Begrif fließen ist immer eine eigenmächtige Erwerbung    
  03 des Bodens möglich in welcher wirklich der gemeinschaftliche nicht der    
  04 Privatwille und nicht in einem unmittelbaren Verhältnis zur Sache    
  05 sondern zu Personen die erste Besitznehmung rechtlich=möglich macht. -    
  06 d. i. ein Boden kann durch die erste Besitznehmung erworben werden.    
         
  07 Apagogischer (analytischer) Beweis - Setzet der Boden könne nicht    
  08 eigenmächtig im Naturzustande erworben werden so könnte er gar nicht    
  09 selbst nicht im bürgerlichen Zustande erwerblich seyn. - Denn dieser ist    
  10 nur ein Zustand des aus dem Vertrage aller die schon im wechselseitigen    
  11 Verhältnisse des äußern Mein und Dein stehen um dieses durch einen    
  12 objectiv allgemeinen Willen gewissen Gesetzen zu unterwerfen. wäre    
  13 nun kein äußeres Mein und Dein gegeben so könnten auch keine öffentliche    
  14 Gesetze statt finden einem jeden das Seine zu sichern.    
         
         
  15 1. Ein jeder Mensch nimmt natürlicherweise d. i. vor allem rechtlichen    
  16 act einen Platz auf Erden ein wohin ihn die Natur oder der Zufall    
  17 hingesetzt hat und hat das Recht d. i. er verbindet alle Andere sich dieses    
  18 Platzes zu enthalten nicht durch sein Verhältnis zur äußern Sache, dem    
  19 Boden, als Inhaber desselben, denn gegen Sachen giebt es keine Verbindlichkeit    
  20 sondern zur Willkühr aller Andern die eben so wohl wie er im    
  21 Besitz desselben Erdbodens und irgend eines Platzes auf demselben sind    
  22 durch seine Willkühr. - Die Inhabung eines Gegenstandes der Willkühr    
  23 mit dem Willen irgend eines Gebrauchs desselben verbunden ist der Besitz    
  24 und jeder Erdbewohner ist also im ursprünglich dynamischen Besitz eines    
  25 Bodens d. i. er hat ihn vor allem rechtlichen Act in seiner Gewalt.    
         
  26 2. Da alle Menschen auf einem und demselben Erdboden ursprünglich    
  27 im Besitz irgend eines Platzes auf demselben sind und das Recht des Besitzes    
  28 ursprünglich jedem Menschen und auf jeden Platz der Erde zukomt    
  29 mithin disjunctiv allgemein ist d. i. ein jeder kann diesen oder jenen    
  30 Platz auf Erden besitzen so muß dieser Besitz auch als collectiv=allgemein    
  31 d. i. als Gesammtbesitz des menschlichen Geschlechts dem ein objectiv    
  32 vereinigter oder zu vereinigender Wille correspondirt angesehen werden    
  33 weil ohne ein Princip der Vertheilung (die nur dem vereinigten Willen als    
  34 Gesetz zukommen kann) das Recht der Menschen irgend wo zu seyn ohne    
         
     

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