Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 446

   
         
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

Verknüpfungen:

 

 

 
  01 (Fortsetzung der Fußnote von Seite 445) Leben hindurch es an kirchlicher Rechtgläubigkeit und frommen Observanzen    
  02 nicht habe mangeln lassen und darum die Hofnung immer übrig    
  03 bleibt am Ende desselben wegen aller der Moralität wiederstreitenden    
  04 Verbrechen losgesprochen zu finden wenn er nur allen jenen Glauben    
  05 sammt den dazu gehörigen Observanzen in großer Seelenanstrengung    
  06 zusammennimmt und ihn mit einer abgezwungenen Reue Verbindet -    
  07 daß sage ich der Staat auf ein Volk welches auf solche Art gläubig zu    
  08 seyn unterrichtet ist schlechterdings kein Vertrauen setzen könne. Dagegen    
  09 würde eine Kirchenanordnung nach der der öffentliche Vortrag der    
  10 Offenbahrungslehren nicht versäumt zugleich aber auch einschärfte daß    
  11 jener statutenmäßige Glaube nicht allein nicht genug sondern schlechterdings    
  12 gar nichts für die Seeligkeit wirke wenn nicht der rein=moralische    
  13 im guten Lebenswandel thätige Glaube die Endabsicht ausmacht und    
  14 jener zu diesem nur als Vehikel desselben (nicht als besonderes Ingredienz    
  15 der Religion) hinzukommt - eine solche Anordnung einer Kirche sage    
  16 ich wird eine Weise Regierung ihrer eignen Absicht allein vortheilhaft    
  17 finden nämlich davon gute und getreue erwarten können. - Wie wollte    
  18 man sich sonst das so schreckliche Verbrechen eines seines Lebens überdrüssigen    
  19 doch aber auf künftige Seeligkeit nicht Verzicht thuenden    
  20 Menschen erklären der einen andern Unschuldigen ermordet um darauf    
  21 durch priesterliche Bearbeitung vorbereitet sterben zu können darum    
  22 weil ihm der Geistliche auf diesen Fus immer noch zur Seeligkeit Hofnung    
  23 macht anstatt daß er den Selbstmörder geradezu verdammen würde.    
  24 Der Aufgeklärte Geistliche dagegen würde ihm sagen er müsse künftig    
  25 (mit dieser Schuld beladen) seinem Richter stehen und könne nur um seine    
  26 Schuld nicht noch zu vergrößern so viel als er thun kann hier den Schaden    
  27 den er angerichtet hat zu verringern suchen.    
         
  28

LBl E 10 R II 34-36

   
  29

Erste Seite

   
         
  30 Vom Unterschiede dessen was zur Kirchenlehre und dem was zur    
  31 disciplina ecclesiastica, sie kann auf die Lehrer aber nicht auf die Gemeinde    
  32 gehen gehört (vornehmlich im Catholicism.) Dieser ist conseqventer    
  33 als der protestantism der auf Freyheit provocirt und doch sich einer    
  34 autorität unterwirft. Alle Auslegungen der h. Schrift die nicht durch    
  35 moralische Vernunftbegriffe gemacht werden sind scholastisch und doctrinal    
  36 und die letztere ist authentisch. Jene bedarf einen obersten willkührlich    
         
     

[ Seite 445 ] [ Seite 447 ] [ Inhaltsverzeichnis ]