Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 148

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 nicht unbemerkt zu lassen. Es wird sich aber bald zeigen: daß, was sowohl      
  02 die Evidenz, als die Bestimmung der Erscheinungen a priori nach      
  03 den Kategorien der Größe und der Qualität (wenn man lediglich auf      
  04 die Form der letzteren Acht hat) betrifft, die Grundsätze derselben sich darin      
  05 von den zwei übrigen namhaft unterscheiden, indem jene einer intuitiven,      
  06 diese aber einer bloß discursiven, obzwar beiderseits einer völligen Gewißheit      
  07 fähig sind. Ich werde daher jene die mathematischen, diese die      
  08 dynamischen Grundsätze nennen.*) Man wird aber wohl bemerken:      
  09 daß ich hier eben so wenig die Grundsätze der Mathematik in einem Falle,      
  10 als die Grundsätze der allgemeinen (physischen) Dynamik im andern,      
  11 sondern nur die des reinen Verstandes im Verhältniß auf den innern      
  12 Sinn (ohne Unterschied der darin gegebenen Vorstellungen) vor Augen      
  13 habe, dadurch denn jene insgesammt ihre Möglichkeit bekommen. Ich benenne      
  14 sie also mehr in Betracht der Anwendung, als um ihres Inhalts      
  15 Willen und gehe nun zur Erwägung derselben in der nämlichen Ordnung,      
  16 wie sie in der Tafel vorgestellt werden.      
           
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1.
     
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Axiomen der Anschauung.
     
           
  19
Das Princip derselben ist: Alle Anschauungen sind extensive
     
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Größen.
     
  21
Beweis.
     
           
  22 Alle Erscheinungen enthalten der Form nach eine Anschauung im      
  23 Raum und Zeit, welche ihnen insgesammt a priori zum Grunde liegt.      
  24 Sie können also nicht anders apprehendirt, d. i. ins empirische Bewußtsein      
           
    *) Alle Verbindung ( conjunctio ) ist entweder Zusammensetzung ( compositio ) oder Verknüpfung ( nexus ). Die erstere ist die Synthesis des Mannigfaltigen, was nicht nothwendig zu einander gehört, wie z. B. die zwei Triangel, darin ein Quadrat durch die Diagonale getheilt wird, für sich nicht nothwendig zu einander gehören; und dergleichen ist die Synthesis des Gleichartigen in allem, was mathematisch erwogen werden kann (welche Synthesis wiederum in die der [Seitenumbruch] Aggregation und Coalition eingetheilt werden kann, davon die erstere auf extensive, die andere auf intensive Größen gerichtet ist). Die zweite Verbindung ( nexus ) ist die Synthesis des Mannigfaltigen, so fern es nothwendig zu einander gehört, wie z. B. das Accidens zu irgend einer Substanz, oder die Wirkung zu der Ursache -, mithin auch als ungleichartig, doch a priori verbunden vorgestellt wird; welche Verbindung, weil sie nicht willkürlich ist, ich darum dynamisch nenne, weil sie die Verbindung des Daseins des Mannigfaltigen betrifft (die wiederum in die physische, der Erscheinungen unter einander, und metaphysische, ihre Verbindung im Erkenntnißvermögen a priori, eingetheilt werden kann.)      
           
     

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