Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 214

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 bloß transscendentalen Gebrauche der Kategorien zu entsagen, so mache er      
  02 einen Versuch von ihnen in irgend einer synthetischen Behauptung. Denn      
  03 eine analytische bringt den Verstand nicht weiter, und da er nur mit dem      
  04 beschäftigt ist, was in dem Begriffe schon gedacht wird, so läßt er es unausgemacht,      
  05 ob dieser an sich selbst auf Gegenstände Beziehung habe, oder      
  06 nur die Einheit des Denkens überhaupt bedeute (welche von der Art, wie      
  07 ein Gegenstand gegeben werden mag, völlig abstrahirt); es ist ihm genug      
  08 zu wissen, was in seinem Begriffe liegt; worauf der Begriff selber gehen      
  09 möge, ist ihm gleichgültig. Er versuche es demnach mit irgend einem synthetischen      
  10 und vermeintlich transscendentalen Grundsatze, als: alles, was      
  11 da ist, existirt als Substanz oder eine derselben anhängende Bestimmung;      
  12 alles Zufällige existirt als Wirkung eines andern Dinges, nämlich seiner      
  13 Ursache, u. s. w. Nun frage ich: woher will er diese synthetische Sätze      
  14 nehmen, da die Begriffe nicht beziehungsweise auf mögliche Erfahrung,      
  15 sondern von Dingen an sich selbst (Noumena) gelten sollen? Wo ist hier      
  16 das Dritte, welches jederzeit zu einem synthetischen Satze erfordert wird,      
  17 um in demselben Begriffe, die gar keine logische (analytische) Verwandtschaft      
  18 haben, mit einander zu verknüpfen? Er wird seinen Satz niemals      
  19 beweisen, ja was noch mehr ist, sich nicht einmal wegen der Möglichkeit      
  20 einer solchen reinen Behauptung rechtfertigen können, ohne auf den empirischen      
  21 Verstandesgebrauch Rücksicht zu nehmen und dadurch dem reinen      
  22 und sinnenfreien Urtheile völlig zu entsagen. So ist denn der Begriff      
  23 reiner, bloß intelligibeler Gegenstände gänzlich leer von allen Grundsätzen      
  24 ihrer Anwendung, weil man keine Art ersinnen kann, wie sie gegeben werden      
  25 sollten, und der problematische Gedanke, der doch einen Platz für sie      
  26 offen läßt, dient nur wie ein leerer Raum, die empirischen Grundsätze einzuschränken,      
  27 ohne doch irgend ein anderes Object der Erkenntniß außer der      
  28 Sphäre der letzteren in sich zu enthalten und aufzuweisen.      
           
  29

Anhang.

     
  30

Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe

     
  31

durch die Verwechselung des empirischen Verstandesgebrauchs

     
  32

mit dem transscendentalen.

     
           
           
  33 Die Überlegung ( reflexio ) hat es nicht mit den Gegenständen selbst      
  34 zu thun, um geradezu von ihnen Begriffe zu bekommen, sondern ist der Zustand      
           
     

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