Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 283

     
           
 

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  01 auch schon die Benennung von einem Widerstreit der Vernunft anzeigt,      
  02 um sie als eine Idee, die sich mit Erscheinungen nicht vereinbaren läßt, in      
  03 ihrem blendenden, aber falschen Scheine darzustellen.      
           
  04
Der
     
  05
Antinomie der reinen Vernunft
     
           
  06
Erster Abschnitt.
     
  07
System der kosmologischen Ideen.
     
           
  08 Um nun diese Ideen nach einem Princip mit systematischer Präcision      
  09 aufzählen zu können, müssen wir Erstlich bemerken, daß nur der Verstand      
  10 es sei, aus welchem reine und transscendentale Begriffe entspringen      
  11 können, daß die Vernunft eigentlich gar keinen Begriff erzeuge, sondern      
  12 allenfalls nur den Verstandesbegriff von den unvermeidlichen Einschränkungen      
  13 einer möglichen Erfahrung frei mache und ihn also über      
  14 die Grenzen des Empirischen, doch aber in Verknüpfung mit demselben      
  15 zu erweitern suche. Dieses geschieht dadurch, daß sie zu einem gegebenen      
  16 Bedingten auf der Seite der Bedingungen (unter denen der Verstand alle      
  17 Erscheinungen der synthetischen Einheit unterwirft) absolute Totalität      
  18 fordert und dadurch die Kategorie zur transscendentalen Idee macht, um      
  19 der empirischen Synthesis durch die Fortsetzung derselben bis zum Unbedingten      
  20 (welches niemals in der Erfahrung, sondern nur in der Idee angetroffen      
  21 wird) absolute Vollständigkeit zu geben. Die Vernunft fordert      
  22 dieses nach dem Grundsatze: wenn das Bedingte gegeben ist, so ist      
  23 auch die ganze Summe der Bedingungen, mithin das schlechthin      
  24 Unbedingte gegeben, wodurch jenes allein möglich war. Also      
  25 werden erstlich die transscendentalen Ideen eigentlich nichts, als bis zum      
  26 Unbedingten erweiterte Kategorien sein, und jene werden sich in eine Tafel      
  27 bringen lassen, die nach den Titeln der letzteren angeordnet ist. Zweitens      
  28 aber werden doch auch nicht alle Kategorien dazu taugen, sondern      
  29 nur diejenige, in welchen die Synthesis eine Reihe ausmacht und zwar      
  30 der einander untergeordneten (nicht beigeordneten) Bedingungen zu einem      
  31 Bedingten. Die absolute Totalität wird von der Vernunft nur so fern      
  32 gefordert, als sie die aufsteigende Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen      
  33 Bedingten angeht, mithin nicht, wenn von der absteigenden Linie      
  34 der Folgen, noch auch von dem Aggregat coordinirter Bedingungen zu      
           
     

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