Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 340

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 selbst, sondern nur in der Erfahrung gegeben und existiren außer derselben      
  02 gar nicht. Daß es Einwohner im Monde geben könne, ob sie gleich kein      
  03 Mensch jemals wahrgenommen hat, muß allerdings eingeräumt werden,      
  04 aber es bedeutet nur so viel: daß wir in dem möglichen Fortschritt der Erfahrung      
  05 auf sie treffen könnten; denn alles ist wirklich, was mit einer      
  06 Wahrnehmung nach Gesetzen des empirischen Fortgangs in einem Context      
  07 steht. Sie sind also alsdann wirklich, wenn sie mit meinem wirklichen      
  08 Bewußtsein in einem empirischen Zusammenhange stehen, ob sie gleich      
  09 darum nicht an sich, d. i. außer diesem Fortschritt der Erfahrung, wirklich      
  10 sind.      
           
  11 Uns ist wirklich nichts gegeben, als die Wahrnehmung und der empirische      
  12 Fortschritt von dieser zu andern möglichen Wahrnehmungen.      
  13 Denn an sich selbst sind die Erscheinungen als bloße Vorstellungen nur      
  14 in der Wahrnehmung wirklich, die in der That nichts andres ist, als die      
  15 Wirklichkeit einer empirischen Vorstellung, d. i. Erscheinung. Vor der      
  16 Wahrnehmung eine Erscheinung ein wirkliches Ding nennen, bedeutet      
  17 entweder, daß wir im Fortgange der Erfahrung auf eine solche Wahrnehmung      
  18 treffen müssen, oder es hat gar keine Bedeutung. Denn daß sie      
  19 an sich selbst, ohne Beziehung auf unsere Sinne und mögliche Erfahrung      
  20 existire, könnte allerdings gesagt werden, wenn von einem Dinge an sich      
  21 selbst die Rede wäre. Es ist aber bloß von einer Erscheinung im Raume      
  22 und der Zeit, die beides keine Bestimmungen der Dinge an sich selbst, sondern      
  23 nur unserer Sinnlichkeit sind, die Rede; daher das, was in ihnen ist      
  24 (Erscheinungen), nicht an sich Etwas, sondern bloße Vorstellungen sind,      
  25 die, wenn sie nicht in uns (in der Wahrnehmung) gegeben sind, überall      
  26 nirgend angetroffen werden.      
           
  27 Das sinnliche Anschauungsvermögen ist eigentlich nur eine Receptivität,      
  28 auf gewisse Weise mit Vorstellungen afficirt zu werden, deren Verhältniß      
  29 zu einander eine reine Anschauung des Raumes und der Zeit ist      
  30 (lauter Formen unserer Sinnlichkeit), und welche, so fern sie in diesem      
  31 Verhältnisse (dem Raume und der Zeit) nach Gesetzen der Einheit der Erfahrung      
  32 verknüpft und bestimmbar sind, Gegenstände heißen. Die      
  33 nichtsinnliche Ursache dieser Vorstellungen ist uns gänzlich unbekannt, und      
  34 diese können wir daher nicht als Object anschauen; denn dergleichen Gegenstand      
  35 würde weder im Raume, noch der Zeit (als bloßen Bedingungen der      
  36 sinnlichen Vorstellung) vorgestellt werden müssen, ohne welche Bedingungen      
  37 wir uns gar keine Anschauung denken können. Indessen können wir die      
           
     

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