Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 353

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Der
     
  02
Antinomie der reinen Vernunft
     
           
  03
Neunter Abschnitt.
     
  04
Von dem empirischen Gebrauche des regulativen Princips
     
  05
der Vernunft in Ansehung aller kosmologischen Ideen.
     
           
  06 Da es, wie wir mehrmals gezeigt haben, keinen transscendentalen      
  07 Gebrauch, so wenig von reinen Verstandes= als Vernunftbegriffen, giebt;      
  08 da die absolute Totalität der Reihen der Bedingungen in der Sinnenwelt      
  09 sich lediglich auf einen transscendentalen Gebrauch der Vernunft fußt,      
  10 welche diese unbedingte Vollständigkeit von demjenigen fordert, was sie      
  11 als Ding an sich selbst voraussetzt, da die Sinnenwelt aber dergleichen      
  12 nicht enthält: so kann die Rede niemals mehr von der absoluten Größe      
  13 der Reihen in derselben sein, ob sie begrenzt, oder an sich unbegrenzt sein      
  14 mögen, sondern nur, wie weit wir im empirischen Regressus bei Zurückführung      
  15 der Erfahrung auf ihre Bedingungen zurückgehen sollen, um nach      
  16 der Regel der Vernunft bei keiner andern, als dem Gegenstande angemessenen      
  17 Beantwortung der Fragen derselben stehen zu bleiben.      
           
  18 Es ist also nur die Gültigkeit des Vernunftprincips, als einer      
  19 Regel der Fortsetzung und Größe einer möglichen Erfahrung, die uns      
  20 allein übrig bleibt, nachdem seine Ungültigkeit als eines constitutiven      
  21 Grundsatzes der Erscheinungen an sich selbst hinlänglich dargethan worden.      
  22 Auch wird, wenn wir jene ungezweifelt vor Augen legen können, der      
  23 Streit der Vernunft mit sich selbst völlig geendigt, indem nicht allein      
  24 durch kritische Auflösung der Schein, der sie mit sich entzweiete, aufgehoben      
  25 worden, sondern an dessen Statt der Sinn, in welchem sie mit sich selbst      
  26 zusammenstimmt und dessen Mißdeutung allein den Streit veranlaßte,      
  27 aufgeschlossen und ein sonst dialektischer Grundsatz in einen doctrinalen      
  28 verwandelt wird. In der That wenn dieser seiner subjectiven Bedeutung      
  29 nach, den größtmöglichen Verstandesgebrauch in der Erfahrung      
  30 den Gegenständen derselben angemessen zu bestimmen, bewährt werden      
  31 kann: so ist es gerade eben so viel, als ob er wie ein Axiom (welches aus      
  32 reiner Vernunft unmöglich ist) die Gegenstände an sich selbst a priori bestimmte;      
  33 denn auch dieses könnte in Ansehung der Objecte der Erfahrung      
  34 keinen größeren Einfluß auf die Erweiterung und Berichtigung unserer      
           
     

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