Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 086

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 eben darum diese Einheit a priori, mithin auch als nothwendig erkennen      
  02 können, welches wir wohl müßten unterwegens lassen, wäre sie unabhängig      
  03 von den ersten Quellen unseres Denkens an sich gegeben. Denn da wüßte      
  04 ich nicht, wo wir die synthetische Sätze einer solchen allgemeinen Natureinheit      
  05 hernehmen sollten, weil man sie auf solchen Fall von den Gegenständen      
  06 der Natur selbst entlehnen müßte. Da dieses aber nur empirisch      
  07 geschehen könnte, so würde daraus keine andere als blos zufällige Einheit      
  08 gezogen werden können, die aber bei weitem an den nothwendigen Zusammenhang      
  09 nicht reicht, den man meint, wenn man Natur nennt.      
           
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Der
     
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Deduction der reinen Verstandesbegriffe
     
           
  12
Dritter Abschnitt.
     
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Von dem Verhältnisse des Verstandes zu Gegenständen überhaupt
     
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und der Möglichkeit diese a priori zu erkennen.
     
           
  15 Was wir im vorigen Abschnitte abgesondert und einzeln vortrugen,      
  16 wollen wir jetzt vereinigt und im Zusammenhange vorstellen. Es sind      
  17 drei subjective Erkenntnißquellen, worauf die Möglichkeit einer Erfahrung      
  18 überhaupt und Erkenntniß der Gegenstände derselben beruht: Sinn,      
  19 Einbildungskraft und Apperception; jede derselben kann als empirisch,      
  20 nämlich in der Anwendung auf gegebene Erscheinungen, betrachtet      
  21 werden, alle aber sind auch Elemente oder Grundlagen a priori, welche      
  22 selbst diesen empirischen Gebrauch möglich machen. Der Sinn stellt die      
  23 Erscheinungen empirisch in der Wahrnehmung vor, die Einbildungskraft      
  24 in der Association (und Reproduction), die Apperception in      
  25 dem empirischen Bewußtsein der Identität dieser reproductiven Vorstellungen      
  26 mit den Erscheinungen, dadurch sie gegeben waren, mithin in      
  27 der Recognition.      
           
  28 Es liegt aber der sämmtlichen Wahrnehmung die reine Anschauung      
  29 (in Ansehung ihrer als Vorstellung die Form der inneren Anschauung,      
  30 die Zeit), der Association die reine Synthesis der Einbildungskraft und      
  31 dem empirischen Bewußtsein die reine Apperception, d. i. die durchgängige      
  32 Identität seiner selbst bei allen möglichen Vorstellungen, a priori zum      
  33 Grunde.      
           
           
     

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