Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 467

      
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

  
  01

Vorrede.

     
           
  02 Wenn das Wort Natur blos in formaler Bedeutung genommen      
  03 wird, da es das erste, innere Princip alles dessen bedeutet, was zum Dasein      
  04 eines Dinges gehört,*) so kann es so vielerlei Naturwissenschaften      
  05 geben, als es specifisch verschiedene Dinge giebt, deren jedes sein eigenthümliches      
  06 inneres Princip der zu seinem Dasein gehörigen Bestimmungen      
  07 enthalten muß. Sonst wird aber auch Natur in materieller Bedeutung      
  08 genommen, nicht als eine Beschaffenheit, sondern als der Inbegriff      
  09 aller Dinge, so fern sie Gegenstände unserer Sinne, mithin auch      
  10 der Erfahrung sein können, worunter also das ganze aller Erscheinungen,      
  11 d. i. die Sinnenwelt mit Ausschließung aller nicht sinnlichen Objecte, verstanden      
  12 wird. Die Natur, in dieser Bedeutung des Worts genommen, hat      
  13 nun nach der Hauptverschiedenheit unserer Sinne zwei Haupttheile, deren      
  14 der eine die Gegenstände äußerer, der andere den Gegenstand des      
  15 inneren Sinnes enthält, mithin ist von ihr eine zwiefache Naturlehre,      
  16 die Körperlehre und Seelenlehre, möglich, wovon die erste die ausgedehnte,      
  17 die zweite die denkende Natur in Erwägung zieht.      
           
  18 Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d. i. ein nach Principien geordnetes      
  19 Ganze der Erkenntniß, sein soll, heißt Wissenschaft, und da jene      
  20 Principien entweder Grundsätze der empirischen oder der rationalen      
  21 Verknüpfung der Erkenntnisse in einem Ganzen sein können, so würde      
           
    *) Wesen ist das erste, innere Princip alles dessen, was zur Möglichkeit eines Dinges gehört. Daher kann man den geometrischen Figuren (da in ihrem Begriffe nichts, was ein Dasein ausdrückte, gedacht wird) nur ein Wesen, nicht aber eine Natur beilegen.      
           
     

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