Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 057

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Willen, mithin immer nur aufs praktische Beziehung haben und weiter      
  02 hinaus sich kein Erkenntniß derselben anmaßen; was aber mit ihnen      
  03 in Verbindung noch sonst für Eigenschaften, die zur theoretischen Vorstellungsart      
  04 solcher übersinnlichen Dinge gehören, herbeigezogen werden      
  05 möchten, diese insgesammt alsdann gar nicht zum wissen, sondern nur      
  06 zur Befugniß (in praktischer Absicht aber gar zur Nothwendigkeit) sie anzunehmen      
  07 und vorauszusetzen gezählt werden, selbst da, wo man übersinnliche      
  08 Wesen (als Gott) nach einer Analogie, d. i. dem reinen Vernunftverhältnisse,      
  09 dessen wir in Ansehung der sinnlichen uns praktisch bedienen,      
  10 und so der reinen theoretischen Vernunft durch die Anwendung aufs Übersinnliche,      
  11 aber nur in praktischer Absicht, zum schwärmen ins Überschwengliche      
  12 nicht den mindesten Vorschub giebt.      
           
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Der Analytik der praktischen Vernunft
     
           
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Zweites Hauptstück.

     
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Von dem Begriffe eines Gegenstandes der reinen

     
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praktischen Vernunft.

     
           
  17 Unter dem Begriffe eines Gegenstandes der praktischen Vernunft      
  18 verstehe ich die Vorstellung eines Objects als einer möglichen Wirkung      
  19 durch Freiheit. Ein Gegenstand der praktischen Erkenntniß als einer solchen      
  20 zu sein, bedeutet also nur die Beziehung des Willens auf die Handlung, dadurch      
  21 er oder sein Gegentheil wirklich gemacht würde, und die Beurtheilung,      
  22 ob etwas ein Gegenstand der reinen praktischen Vernunft sei, oder nicht, ist      
  23 nur die Unterscheidung der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, diejenige Handlung      
  24 zu wollen, wodurch, wenn wir das Vermögen dazu hätten (worüber die      
  25 Erfahrung urtheilen muß), ein gewisses Object wirklich werden würde.      
  26 Wenn das Object als der Bestimmungsgrund unseres Begehrungsvermögens      
  27 angenommen wird, so muß die physische Möglichkeit desselben      
  28 durch freien Gebrauch unserer Kräfte vor der Beurtheilung, ob es ein Gegenstand      
  29 der praktischen Vernunft sei oder nicht, vorangehen. Dagegen      
  30 wenn das Gesetz a priori als der Bestimmungsgrund der Handlung, mithin      
  31 diese als durch reine praktische Vernunft bestimmt betrachtet werden      
  32 kann, so ist das Urtheil, ob etwas ein Gegenstand der reinen praktischen      
  33 Vernunft sei oder nicht, von der Vergleichung mit unserem physischen      
           
     

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