Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 167

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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Vorrede

     
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zur ersten Auflage, 1790.

     
           
           
  03 Man kann das Vermögen der Erkenntniß aus Principien a priori      
  04 die reine Vernunft und die Untersuchung der Möglichkeit und Gränzen      
  05 derselben überhaupt die Kritik der reinen Vernunft nennen: ob man gleich      
  06 unter diesem Vermögen nur die Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauche      
  07 versteht, wie es auch in dem ersten Werke unter jener Benennung geschehen      
  08 ist, ohne noch ihr Vermögen als praktische Vernunft nach ihren besonderen      
  09 Principien in Untersuchung ziehen zu wollen. Jene geht alsdann      
  10 bloß auf unser Vermögen, Dinge a priori zu erkennen, und beschäftigt      
  11 sich also nur mit dem Erkenntnißvermögen mit Ausschließung des      
  12 Gefühls der Lust und Unlust und des Begehrungsvermögens; und unter      
  13 den Erkenntnißvermögen mit dem Verstande nach seinen Principien a      
  14 priori mit Ausschließung der Urtheilskraft und der Vernunft (als      
  15 zum theoretischen Erkenntniß gleichfalls gehöriger Vermögen), weil es sich      
  16 in dem Fortgange findet, daß kein anderes Erkenntnißvermögen als der      
  17 Verstand constitutive Erkenntnißprincipien a priori an die Hand geben      
  18 kann. Die Kritik also, welche sie insgesammt nach dem Antheile, den jedes      
  19 der anderen an dem baaren Besitz der Erkenntniß aus eigener Wurzel zu      
  20 haben vorgeben möchte, sichtet, läßt nichts übrig, als was der Verstand      
  21 a priori als Gesetz für die Natur, als den Inbegriff von Erscheinungen      
  22 (deren Form eben sowohl a priori gegeben ist), vorschreibt; verweiset aber      
  23 alle andere reine Begriffe unter die Ideen, die für unser theoretisches Erkenntnißvermögen      
  24 überschwenglich, dabei aber doch nicht etwa unnütz oder      
  25 entbehrlich sind, sondern als regulative Principien dienen: theils die besorglichen      
  26 Anmaßungen des Verstandes, als ob er (indem er a priori die      
  27 Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge, die er erkennen kann, anzugeben      
           
     

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