Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 193

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wenn wir einen vorhergefaßten Begriff von einem Gegenstande, der für      
  02 uns Zweck ist, realisiren, oder durch die Natur in der Technik derselben (wie      
  03 bei organisirten Körpern), wenn wir ihr unseren Begriff vom Zweck zur      
  04 Beurtheilung ihres Products unterlegen; in welchem Falle nicht bloß      
  05 Zweckmäßigkeit der Natur in der Form des Dinges, sondern dieses      
  06 ihr Product als Naturzweck vorgestellt wird. - Obzwar unser Begriff      
  07 von einer subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Formen nach      
  08 empirischen Gesetzen gar kein Begriff vom Object ist, sondern nur ein      
  09 Princip der Urtheilskraft sich in dieser ihrer übergroßen Mannigfaltigkeit      
  10 Begriffe zu verschaffen (in ihr orientiren zu können): so legen wir      
  11 ihr doch hiedurch gleichsam eine Rücksicht auf unser Erkenntnißvermögen      
  12 nach der Analogie eines Zwecks bei; und so können wir die Naturschönheit      
  13 als Darstellung des Begriffs der formalen (bloß subjectiven)      
  14 und die Naturzwecke als Darstellung des Begriffs einer realen      
  15 (objectiven) Zweckmäßigkeit ansehen, deren eine wir durch Geschmack      
  16 (ästhetisch, vermittelst des Gefühls der Lust), die andere durch Verstand      
  17 und Vernunft (logisch, nach Begriffen) beurtheilen.      
           
  18 Hierauf gründet sich die Eintheilung der Kritik der Urtheilskraft in      
  19 die der ästhetischen und teleologischen: indem unter der ersteren das      
  20 Vermögen, die formale Zweckmäßigkeit (sonst auch subjective genannt)      
  21 durch das Gefühl der Lust oder Unlust, unter der zweiten das Vermögen,      
  22 die reale Zweckmäßigkeit (objective) der Natur durch Verstand und Vernunft      
  23 zu beurtheilen, verstanden wird.      
           
  24 In einer Kritik der Urtheilskraft ist der Theil, welcher die ästhetische      
  25 Urtheilskraft enthält, ihr wesentlich angehörig, weil diese allein ein Princip      
  26 enthält, welches die Urtheilskraft völlig a priori ihrer Reflexion über      
  27 die Natur zum Grunde legt, nämlich das einer formalen Zweckmäßigkeit      
  28 der Natur nach ihren besonderen (empirischen) Gesetzen für unser Erkenntnißvermögen,      
  29 ohne welche sich der Verstand in sie nicht finden könnte: anstatt      
  30 daß gar kein Grund a priori angegeben werden kann, ja nicht einmal      
  31 die Möglichkeit davon aus dem Begriffe einer Natur, als Gegenstande      
  32 der Erfahrung im Allgemeinen sowohl als im Besonderen, erhellt,      
  33 daß es objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge, die nur als Naturzwecke      
  34 möglich sind, geben müsse; sondern nur die Urtheilskraft, ohne ein Princip      
  35 dazu a priori in sich zu enthalten, in vorkommenden Fällen (gewisser      
  36 Producte), um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke      
  37 Gebrauch zu machen, die Regel enthält, nachdem jenes transscendentale      
           
     

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