Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 266

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 er einige Cultur hat, an ihm voraus: nur mit dem Unterschiede, daß wir      
  02 das erstere, weil die Urtheilskraft darin die Einbildung bloß auf den Verstand      
  03 als Vermögen der Begriffe bezieht, geradezu von jedermann, das      
  04 zweite aber, weil sie darin die Einbildungskraft auf Vernunft als Vermögen      
  05 der Ideen bezieht, nur unter einer subjectiven Voraussetzung (die      
  06 wir aber jedermann ansinnen zu dürfen uns berechtigt glauben) fordern,      
  07 nämlich der des moralischen Gefühls im Menschen, und hiemit auch diesem      
  08 ästhetischen Urtheile Nothwendigkeit beilegen.      
           
  09 In dieser Modalität der ästhetischen Urtheile, nämlich der angemaßten      
  10 Nothwendigkeit derselben, liegt ein Hauptmoment für die Kritik der      
  11 Urtheilskraft. Denn die macht eben an ihnen ein Princip a priori kenntlich      
  12 und erhebt sie aus der empirischen Psychologie, in welcher sie sonst unter      
  13 den Gefühlen des Vergnügens und Schmerzens (nur mit dem nichtssagenden      
  14 Beiwort eines feinern Gefühls) begraben bleiben würden, um      
  15 sie und vermittelst ihrer die Urtheilskraft in die Classe derer zu stellen,      
  16 welche Principien a priori zum Grunde haben, als solche aber sie in die      
  17 Transscendentalphilosophie hinüberzuziehen.      
           
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Allgemeine Anmerkung zur Exposition der ästhetischen

     
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reflectirenden Urtheile.

     
           
  20 In Beziehung auf das Gefühl der Lust ist ein Gegenstand entweder      
  21 zum Angenehmen, oder Schönen, oder Erhabenen, oder Guten      
  22 (schlechthin) zu zählen ( iucundum, pulchrum, sublime, honestum ).      
           
  23 Das Angenehme ist als Triebfeder der Begierden durchgängig von      
  24 einerlei Art, woher es auch kommen und wie specifisch=verschieden auch die      
  25 Vorstellung (des Sinnes und der Empfindung, objectiv betrachtet) sein      
  26 mag. Daher kommt es bei der Beurtheilung des Einflusses desselben auf      
  27 das Gemüth nur auf die Menge der Reize (zugleich und nach einander)      
  28 und gleichsam nur auf die Masse der angenehmen Empfindung an; und      
  29 diese läßt sich also durch nichts als die Quantität verständlich machen.      
  30 Es cultivirt auch nicht, sondern gehört zum bloßen Genusse. - Das      
  31 Schöne erfordert dagegen die Vorstellung einer gewissen Qualität des      
  32 Objects, die sich auch verständlich machen und auf Begriffe bringen läßt      
  33 (wiewohl es im ästhetischen Urtheile darauf nicht gebracht wird); und      
  34 cultivirt, indem es zugleich auf Zweckmäßigkeit im Gefühle der Lust Acht      
  35 zu haben lehrt. - Das Erhabene besteht bloß in der Relation, worin      
           
     

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