Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 289

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 betrifft, Urtheile a priori sind, oder dafür gehalten werden wollen, ist      
  02 gleichfalls schon in den Ausdrücken ihres Anspruchs enthalten; und so gehört      
  03 diese Aufgabe der Kritik der Urtheilskraft unter das allgemeine Problem      
  04 der Transscendentalphilosophie: wie sind synthetische Urtheile a priori      
  05 möglich?      
           
  06

§ 37.

     
  07

Was wird eigentlich in einem Geschmacksurtheile von einem

     
  08

Gegenstande a priori behauptet?

     
           
  09 Daß die Vorstellung von einem Gegenstande unmittelbar mit einer      
  10 Lust verbunden sei, kann nur innerlich wahrgenommen werden und würde,      
  11 wenn man nichts weiter als dieses anzeigen wollte, ein bloß empirisches      
  12 Urtheil geben. Denn a priori kann ich mit keiner Vorstellung ein bestimmtes      
  13 Gefühl (der Lust oder Unlust) verbinden, außer wo ein den      
  14 Willen bestimmendes Princip a priori in der Vernunft zum Grunde liegt;      
  15 da denn die Lust (im moralischen Gefühl) die Folge davon ist, eben darum      
  16 aber mit der Lust im Geschmacke gar nicht verglichen werden kann, weil      
  17 sie einen bestimmten Begriff von einem Gesetze erfordert: da hingegen      
  18 jene unmittelbar mit der bloßen Beurtheilung vor allem Begriffe verbunden      
  19 sein soll. Daher sind auch alle Geschmacksurtheile einzelne Urtheile,      
  20 weil sie ihr Prädicat des Wohlgefallens nicht mit einem Begriffe,      
  21 sondern mit einer gegebenen einzelnen empirischen Vorstellung verbinden.      
           
  22 Also ist es nicht die Lust, sondern die Allgemeingültigkeit      
  23 dieser Lust, die mit der bloßen Beurtheilung eines Gegenstandes im      
  24 Gemüthe als verbunden wahrgenommen wird, welche a priori als allgemeine      
  25 Regel für die Urtheilskraft, für jedermann gültig, in einem Geschmacksurtheile      
  26 vorgestellt wird. Es ist ein empirisches Urtheil: daß ich      
  27 einen Gegenstand mit Lust wahrnehme und beurtheile. Es ist aber ein      
  28 Urtheil a priori: daß ich ihn schön finde, d. i. jenes Wohlgefallen jedermann      
  29 als nothwendig ansinnen darf.      
           
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§ 38.

     
  31

Deduction der Geschmacksurtheile.

     
           
  32 Wenn eingeräumt wird, daß in einem reinen Geschmacksurtheile das      
  33 Wohlgefallen an dem Gegenstande mit der bloßen Beurtheilung seiner      
  34 Form verbunden sei: so ist es nichts anders, als die subjective Zweckmäßigkeit      
           
     

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