Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 381

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Verhältniß) es eben nicht nothwendig machen, über den Mechanism der      
  02 blind wirkenden Ursachen hinaus ein ander Princip für ihre Möglichkeit      
  03 aufzusuchen, dennoch als zu einem System der Zwecke gehörig beurtheilen      
  04 dürfen: weil uns die erstere Idee schon, was ihren Grund betrifft, über      
  05 die Sinnenwelt hinausführt; da denn die Einheit des übersinnlichen      
  06 Princips nicht bloß für gewisse Species der Naturwesen, sondern für das      
  07 Naturganze als System auf dieselbe Art als gültig betrachtet werden muß.      
           
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§ 68.

     
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Von dem Princip der Teleologie als innerem Princip

     
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der Naturwissenschaft.

     
           
  11 Die Principien einer Wissenschaft sind derselben entweder innerlich      
  12 und werden einheimisch genannt ( principia domestica ); oder sie sind auf      
  13 Begriffe, die nur außer ihr Platz finden können, gegründet und sind auswärtige      
  14 Principien ( peregrina ). Wissenschaften, welche die letzteren enthalten,      
  15 legen ihren Lehren Lehnsätze ( lemmata ) zum Grunde; d. i. sie      
  16 borgen irgend einen Begriff und mit ihm einen Grund der Anordnung      
  17 von einer anderen Wissenschaft.      
           
  18 Eine jede Wissenschaft ist für sich ein System; und es ist nicht genug,      
  19 in ihr nach Principien zu bauen und also technisch zu verfahren, sondern      
  20 man muß mit ihr, als einem für sich bestehenden Gebäude, auch architektonisch      
  21 zu Werke gehen und sie nicht wie einen Anbau und als einen Theil      
  22 eines andern Gebäudes, sondern als ein Ganzes für sich behandeln, ob      
  23 man gleich nachher einen Übergang aus diesem in jenes oder wechselseitig      
  24 errichten kann.      
           
  25 Wenn man also für die Naturwissenschaft und in ihren Context den      
  26 Begriff von Gott hereinbringt, um sich die Zweckmäßigkeit in der Natur      
  27 erklärlich zu machen, und hernach diese Zweckmäßigkeit wiederum braucht,      
  28 um zu beweisen, daß ein Gott sei: so ist in keiner von beiden Wissenschaften      
  29 innerer Bestand; und ein täuschendes Diallele bringt jede in Unsicherheit,      
  30 dadurch daß sie ihre Gränzen in einander laufen lassen.      
           
  31 Der Ausdruck eines Zwecks der Natur beugt dieser Verwirrung      
  32 schon genugsam vor, um Naturwissenschaft und die Veranlassung, die sie      
  33 zur teleologischen Beurtheilung ihrer Gegenstände giebt, nicht mit der      
  34 Gottesbetrachtung und also einer theologischen Ableitung zu vermengen;      
  35 und man muß es nicht als unbedeutend Ansehen, ob man jenen Ausdruck      
           
     

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