Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 416

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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Anhang.

     
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Methodenlehre der teleologischen Urtheilskraft.

     
           
  03

§ 79.

     
  04

Ob die Teleologie als zur Naturlehre gehörend abgehandelt

     
  05

werden müsse.

     
           
  06 Eine jede Wissenschaft muß in der Encyklopädie aller Wissenschaften      
  07 ihre bestimmte Stelle haben. Ist es eine philosophische Wissenschaft, so      
  08 muß ihr ihre Stelle in dem theoretischen oder praktischen Theil derselben      
  09 und, hat sie ihren Platz im ersteren, entweder in der Naturlehre, so fern      
  10 sie das, was Gegenstand der Erfahrung sein kann, erwägt (folglich der      
  11 Körperlehre, der Seelenlehre und allgemeinen Weltwissenschaft), oder in      
  12 der Gotteslehre (von dem Urgrunde der Welt als Inbegriff aller Gegenstände      
  13 der Erfahrung) angewiesen werden.      
           
  14 Nun fragt sich: Welche Stelle gebührt der Teleologie? Gehört sie      
  15 zur (eigentlich sogenannten) Naturwissenschaft, oder zur Theologie? Eins      
  16 von beiden muß sein; denn zum Übergange aus einer in die andere kann      
  17 gar keine Wissenschaft gehören, weil dieser nur die Articulation oder Organisation      
  18 des Systems und keinen Platz in demselben bedeutet.      
           
  19 Daß sie in die Theologie als ein Theil derselben nicht gehöre, obgleich      
  20 in derselben von ihr der wichtigste Gebrauch gemacht werden kann, ist für      
  21 sich selbst klar. Denn sie hat Naturerzeugungen und die Ursache derselben      
  22 zu ihrem Gegenstande; und ob sie gleich auf die letztere, als einen      
  23 außer und über die Natur belegenen Grund (göttlichen Urheber) hinausweiset,      
  24 so thut sie dieses doch nicht für die bestimmende, sondern nur (um      
  25 die Beurtheilung der Dinge in der Welt durch eine solche Idee dem      
  26 menschlichen Verstande angemessen als regulatives Princip zu leiten) bloß      
  27 für die reflectirende Urtheilskraft in der Naturbetrachtung.      
           
           
     

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