Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 425

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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§ 82.

     
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Von dem teleologischen System in den äußern Verhältnissen

     
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organisirter Wesen.

     
           
  04 Unter der äußern Zweckmäßigkeit verstehe ich diejenige, da ein Ding      
  05 der Natur einem andern als Mittel zum Zwecke dient. Nun können Dinge,      
  06 die keine innere Zweckmäßigkeit haben, oder zu ihrer Möglichkeit voraussetzen,      
  07 z. B. Erden, Luft, Wasser u. s. w., gleichwohl äußerlich, d. i. im      
  08 Verhältniß auf andere Wesen, sehr zweckmäßig sein; aber diese müssen      
  09 jederzeit organisirte Wesen, d. i. Naturzwecke, sein, denn sonst könnten      
  10 jene auch nicht als Mittel beurtheilt werden. So können Wasser, Luft      
  11 und Erden nicht als Mittel zu Anhäufung von Gebirgen angesehen werden,      
  12 weil diese an sich gar nichts enthalten, was einen Grund ihrer Möglichkeit      
  13 nach Zwecken erforderte, worauf in Beziehung also ihre Ursache      
  14 niemals unter dem Prädicate eines Mittels (das dazu nützte) vorgestellt      
  15 werden kann.      
           
  16 Die äußere Zweckmäßigkeit ist ein ganz anderer Begriff, als der Begriff      
  17 der inneren, welche mit der Möglichkeit eines Gegenstandes, unangesehen      
  18 ob seine Wirklichkeit selbst Zweck sei oder nicht, verbunden ist.      
  19 Man kann von einem organisirten Wesen noch fragen: Wozu ist es da?      
  20 aber nicht leicht von Dingen, an denen man bloß die Wirkung vom Mechanism      
  21 der Natur erkennt. Denn in jenen stellen wir uns schon eine      
  22 Causalität nach Zwecken zu ihrer inneren Möglichkeit, einen schaffenden      
  23 Verstand, vor und beziehen dieses thätige Vermögen auf den Bestimmungsgrund      
  24 desselben, die Absicht. Es giebt nur eine einzige äußere      
  25 Zweckmäßigkeit, die mit der innern der Organisation zusammenhängt      
  26 und, ohne daß die Frage sein darf, zu welchem Ende dieses so organisirte      
  27 Wesen eben habe existiren müssen, dennoch im äußeren Verhältniß eines      
  28 Mittels zum Zwecke dient. Dieses ist die Organisation beiderlei Geschlechts      
  29 in Beziehung auf einander zur Fortpflanzung ihrer Art; denn      
  30 hier kann man immer noch eben so wie bei einem Individuum fragen:      
  31 Warum mußte ein solches Paar existiren? Die Antwort ist: Dieses hier      
  32 macht allererst ein organisirendes Ganze aus, obzwar nicht ein organisirtes      
  33 in einem einzigen Körper.      
           
  34 Wenn man nun fragt, wozu ein Ding da ist, so ist die Antwort entweder:      
  35 Sein Dasein und seine Erzeugung hat gar keine Beziehung auf      
  36 eine nach Absichten wirkende Ursache, und alsdann versteht man immer      
           
     

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