Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 212

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Zustandes) enthält; da sonst selbst Empfindungen außer der Qualität,      
  02 die ihnen der Beschaffenheit des Subjects wegen anhängt (z. B. des Rothen,      
  03 des Süßen u. s. w.), doch auch als Erkenntnißstücke auf ein Object bezogen      
  04 werden, die Lust oder Unlust aber (am Rothen und Süßen) schlechterdings      
  05 nichts am Objecte, sondern lediglich Beziehung aufs Subject ausdrückt.      
  06 Näher können Lust und Unlust für sich und zwar eben um des angeführten      
  07 Grundes Willen nicht erklärt werden, sondern man kann allenfalls      
  08 nur, was sie in gewissen Verhältnissen für Folgen haben, anführen,      
  09 um sie im Gebrauch kennbar zu machen.      
           
  10 Man kann die Lust, welche mit dem Begehren (des Gegenstandes,      
  11 dessen Vorstellung das Gefühl so afficirt) notwendig verbunden ist,      
  12 praktische Lust nennen: sie mag nun Ursache oder Wirkung vom Begehren      
  13 sein. Dagegen würde man die Lust, die mit dem Begehren des      
  14 Gegenstandes nicht nothwendig verbunden ist, die also im Grunde nicht      
  15 eine Lust an der Existenz des Objects der Vorstellung ist, sondern blos      
  16 an der Vorstellung allein haftet, blos contemplative Lust oder unthätiges      
  17 Wohlgefallen nennen können. Das Gefühl der letztern Art von Lust      
  18 nennen wir Geschmack. Von diesem wird also in einer praktischen Philosophie      
  19 nicht als von einem einheimischen Begriffe, sondern allenfalls      
  20 nur episodisch die Rede sein. Was aber die praktische Lust betrifft, so      
  21 wird die Bestimmung des Begehrungsvermögens, vor welcher diese Lust      
  22 als Ursache nothwendig vorhergehen muß, im engen Verstande Begierde,      
  23 die habituelle Begierde aber Neigung heißen, und weil die Verbindung      
  24 der Lust mit dem Begehrungsvermögen, sofern diese Verknüpfung durch      
  25 den Verstand nach einer allgemeinen Regel (allenfalls auch nur für das      
  26 Subject) gültig zu sein geurtheilt wird, Interesse heißt, so wird die      
  27 praktische Lust in diesem Falle ein Interesse der Neigung, dagegen wenn      
  28 die Lust nur auf eine vorhergehende Bestimmung des Begehrungsvermögens      
  29 folgen kann, so wird sie eine intellectuelle Lust und das Interesse      
  30 an dem Gegenstande ein Vernunftinteresse genannt werden müssen; denn      
  31 wäre das Interesse sinnlich und nicht blos auf reine Vernunftprincipien      
           
     

[ Seite 211 ] [ Seite 213 ] [ Inhaltsverzeichnis ]