Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 407

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 aller Pflicht überhaupt) als vorbereitender Theil ( discursus praeliminaris )      
  02 vorangeschickt werden.      
           
  03
Anmerkung.
     
  04
Von der Tugendlehre nach dem Princip der inneren Freiheit.
     
           
  05 Fertigkeit ( habitus ) ist eine Leichtigkeit zu handeln und eine      
  06 subjective Vollkommenheit der Willkür. - Nicht jede solche Leichtigkeit      
  07 aber ist eine freie Fertigkeit ( habitus libertatis ); denn      
  08 wenn sie Angewohnheit ( assuetudo ), d. i. durch öfters wiederholte      
  09 Handlung zur Nothwendigkeit gewordene Gleichförmigkeit, derselben      
  10 ist, so ist sie keine aus der Freiheit hervorgehende, mithin auch      
  11 nicht moralische Fertigkeit. Die Tugend kann man also nicht durch      
  12 die Fertigkeit in freien gesetzmäßigen Handlungen definiren; wohl      
  13 aber, wenn hinzugesetzt würde, "sich durch die Vorstellung des Gesetzes      
  14 im Handeln zu bestimmen", und da ist diese Fertigkeit eine      
  15 Beschaffenheit nicht der Willkür, sondern des Willens, der ein mit      
  16 der Regel, die er annimmt, zugleich allgemein=gesetzgebendes Begehrungsvermögen      
  17 ist, und eine solche allein kann zur Tugend gezählt      
  18 werden.      
           
  19 Zur inneren Freiheit aber werden zwei Stücke erfordert: seiner      
  20 selbst in einem gegebenen Fall Meister ( animus sui compos ) und      
  21 über sich selbst Herr zu sein ( imperium in semetipsum ), d. i. seine      
  22 Affecten zu zähmen und seine Leidenschaften zu beherrschen.      
  23 Die Gemüthsart ( indoles ) in diesen beiden Zuständen ist edel      
  24 ( erecta ), im entgegengesetzten Fall aber unedel ( indoles abiecta,      
  25 serva ).      
           
  26

XV

     
  27

Zur Tugend wird zuerst erfordert die Herrschaft über

     
  28

sich selbst.

     
           
  29 Affecten und Leidenschaften sind wesentlich von einander unterschieden;      
  30 die erstern gehören zum Gefühl, so fern es, vor der Überlegung      
  31 vorhergehend, diese selbst unmöglich oder schwerer macht. Daher heißt der      
  32 Affect jäh oder jach ( animus praeceps ), und die Vernunft sagt durch den      
           
     

[ Seite 406 ] [ Seite 408 ] [ Inhaltsverzeichnis ]