Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 420

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 gegen sich selbst, d. i. eine solche, nach der das Subject der Pflicht (der      
  02 Mensch) sich selbst entweder als animalisches (physisches) und zugleich      
  03 moralisches, oder blos als moralisches Wesen betrachtet.      
           
  04 Da sind nun die Antriebe der Natur, was die Thierheit des Menschen      
  05 betrifft, a) der, durch welchen die Natur die Erhaltung seiner selbst,      
  06 b) die Erhaltung der Art, c) die Erhaltung seines Vermögens zum angenehmen,      
  07 aber doch nur thierischen Lebensgenuß beabsichtigt. - Die      
  08 Laster, welche hier der Pflicht des Menschen gegen sich selbst widerstreiten,      
  09 sind: der Selbstmord, der unnatürliche Gebrauch, den jemand von der      
  10 Geschlechtsneigung macht, und der das Vermögen zum zweckmäßigen      
  11 Gebrauch seiner Kräfte schwächende unmäßige Genuß der Nahrungsmittel.      
           
  13 Was aber die Pflicht des Menschen gegen sich selbst blos als moralisches      
  14 Wesen (ohne auf seine Thierheit zu sehen) betrifft, so besteht sie im      
  15 Formalen der Übereinstimmung der Maximen seines Willens mit der      
  16 Würde der Menschheit in seiner Person; also im Verbot, daß er sich selbst      
  17 des Vorzugs eines moralischen Wesens, nämlich nach Principien zu handeln,      
  18 d. i. der inneren Freiheit, nicht beraube und dadurch zum Spiel      
  19 bloßer Neigungen, also zur Sache, mache. - Die Laster, welche dieser      
  20 Pflicht entgegen stehen, sind: die Lüge, der Geiz, und die falsche Demuth      
  21 (Kriecherei). Diese nehmen sich Grundsätze, welche ihrem Charakter als      
  22 moralischer Wesen, d. i. der inneren Freiheit, der angebornen Würde des      
  23 Menschen, geradezu (schon der Form nach) widersprechen, welches so viel      
  24 sagt: sie machen sich es zum Grundsatz, keinen Grundsatz und so auch keinen      
  25 Charakter zu haben, d. i. sich wegzuwerfen und sich zum Gegenstande      
  26 der Verachtung zu machen. - Die Tugend, welche allen diesen Lastern      
  27 entgegen steht, könnte die Ehrliebe ( honestas interna, iustum sui aestimium ),      
  28 eine von der Ehrbegierde ( ambitio ) (welche auch sehr niederträchtig      
  29 sein kann) himmelweit unterschiedene Denkungsart, genannt werden,      
  30 wird aber unter dieser Betitelung in der Folge besonders vorkommen.      
           
           
     

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