Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 196

   
         
 

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  01 von China eine Flotte von 9999 Schiffen haben, und man frägt sich bei    
  02 dieser Zahl ingeheim: warum nicht noch eins mehr? obgleich die Antwort    
  03 sein könnte: weil diese Zahl Schiffe zu seinem Gebrauch hinreichend ist;    
  04 im Grunde aber ist die Absicht der Frage nicht auf den Gebrauch, sondern    
  05 blos auf eine Art von Zahlenmystik gestellt. - Ärger, obzwar nicht ungewöhnlich.    
  06 ist: daß jemand, der durch Kargen und Betrügen es auf einen    
  07 Reichthum von 90000 Thaler baar gebracht hat, nun keine Ruhe hat, als    
  08 bis er 100000 voll besitze, ohne sie zu brauchen, und darüber sich vielleicht    
  09 den Galgen, wo nicht erwirbt, wenigstens doch verdient.    
         
  10 Zu welchen Kindereien sinkt nicht der Mensch selbst in seinem reifen    
  11 Alter hinab, wenn er sich am Leitseil der Sinnlichkeit führen läßt! Wir    
  12 wollen jetzt sehen, um wie viel oder wenig er es besser mache, wenn er    
  13 unter der Beleuchtung des Verstandes seinen Weg verfolgt.    
         
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Vom Erkenntnißvermögen, so fern es auf Verstand

[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 160)]    
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gegründet wird.

   
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Eintheilung.

   
         
         
  17 § 40. Verstand, als das Vermögen zu denken (durch Begriffe    
  18 sich etwas vorzustellen), wird auch das obere Erkenntnißvermögen (zum    
  19 Unterschiede von der Sinnlichkeit, als dem unteren) genannt, darum    
  20 weil das Vermögen der Anschauungen (reiner oder empirischer) nur das    
  21 Einzelne in Gegenständen, dagegen das der Begriffe das Allgemeine der    
  22 Vorstellungen derselben, die Regel, enthält, der das Mannigfaltige der    
  23 sinnlichen Anschauungen untergeordnet werden muß, um Einheit zur Erkenntniß    
  24 des Objects hervorzubringen. - Vornehmer ist also zwar freilich    
  25 der Verstand als die Sinnlichkeit, mit der sich die verstandlosen Thiere    
  26 nach eingepflanzten Instincten schon nothdürftig behelfen können, so wie    
  27 ein Volk ohne Oberhaupt; statt dessen ein Oberhaupt ohne Volk (Verstand    
  28 ohne Sinnlichkeit) gar nichts vermag. Es ist also zwischen beiden kein    
  29 Rangstreit, obgleich der eine als Oberer und der andere als Unterer betitelt    
  30 wird.    
         
  31 Es wird aber das Wort Verstand auch in besonderer Bedeutung    
  32 genommen: da er nämlich als ein Glied der Eintheilung mit zwei anderen    
  33 dem Verstande in allgemeiner Bedeutung untergeordnet wird, und da    
         
     

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