Kant: AA VIII, Über den Gebrauch ... , Seite 182

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 irgend ein Object correspondiren könne. Es mag also die Ursache organisirter      
  02 Wesen in der Welt oder außer der Welt anzutreffen sein, so müssen      
  03 wir entweder aller Bestimmung ihrer Ursache entsagen, oder ein intelligentes      
  04 Wesen uns dazu denken; nicht als ob wir (wie der sel. Mendelssohn      
  05 mit andern glaubte) einsähen, daß eine solche Wirkung aus einer      
  06 andern Ursache unmöglich sei: sondern weil wir, um eine andere Ursache      
  07 mit Ausschließung der Endursachen zum Grunde zu legen, uns eine Grundkraft      
  08 erdichten müßten, wozu die Vernunft durchaus keine Befugniß hat,      
  09 weil es ihr alsdann keine Mühe machen würde, alles, was sie will und wie      
  10 sie will, zu erklären.      
           
  11 Und nun die Summe von allem diesem gezogen! Zwecke haben eine gerade      
  12 Beziehung auf die Vernunft, sie mag nun fremde, oder unsere eigene      
  13 sein. Allein um sie auch in fremder Vernunft zu setzen, müssen wir unsere eigene      
  14 wenigstens als ein Analogon derselben zum Grunde legen: weil sie ohne      
  15 diese gar nicht vorgestellt werden können. Nun sind die Zwecke entweder      
  16 Zwecke der Natur, oder der Freiheit. Daß es in der Natur Zwecke geben      
  17 müsse, kann kein Mensch a priori einsehen; dagegen er a priori ganz wohl      
  18 einsehen kann, daß es darin eine Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen      
  19 geben müsse. Folglich ist der Gebrauch des teleologischen Princips in      
  20 Ansehung der Natur jederzeit empirisch bedingt. Eben so würde es mit      
  21 den Zwecken der Freiheit bewandt sein, wenn dieser vorher die Gegenstände      
  22 des Wollens durch die Natur (in Bedürfnissen und Neigungen) als      
  23 Bestimmungsgründe gegeben werden müßten, um blos vermittelst der      
  24 Vergleichung derselben unter einander und mit ihrer Summe dasjenige      
  25 durch Vernunft zu bestimmen, was wir uns zum Zwecke machen. Allein      
  26 die Kritik der praktischen Vernunft zeigt, daß es reine praktische Principien      
  27 gebe, wodurch die Vernunft a priori bestimmt wird, und die also      
  28 a priori den Zweck derselben angeben. Wenn also der Gebrauch des teleologischen      
  29 Princips zu Erklärungen der Natur darum, weil es auf      
  30 empirische Bedingungen eingeschränkt ist, den Urgrund der zweckmäßigen      
  31 Verbindung niemals vollständig und für alle Zwecke bestimmt gnug angeben      
  32 kann: so muß man dieses dagegen von einer reinen Zweckslehre      
  33 (welche keine andere als die der Freiheit sein kann) erwarten, deren Princip      
  34 a priori die Beziehung einer Vernunft überhaupt auf das Ganze aller      
  35 Zwecke enthält und nur praktisch sein kann. Weil aber eine reine praktische      
           
     

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