Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 135

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ist, nach G. zu rufen, Rücksicht zu nehmen? So herrscht die      
  02 Kabale in unsern Tagen nicht minder, als zu Duns u. Langens      
  03 Zeiten. Ich kann unter diesen Umständen nichts thun, als die      
  04 Sache gehen lassen, wie sie geht. Indessen muß ich gestehen, daß ich      
  05 in mehr als einer Rücksicht wünsche, es möchte ein Antrag von G.      
  06 aus an mich kommen. Und wenn es mir möglich wäre, würdiger      
  07 Mann, Sie mit in mein Interesse zu ziehen, welches mir gewiß gelingt,      
  08 wenn Sie es für das Interesse der Philosophie zugleich halten;      
  09 so würde ich Sie ersuchen, jener Kabale doch von Ihrer Seite irgend      
  10 etwas entgegenzusetzen u. mir durch Ihr Ansehen das wieder zu geben,      
  11 was mir jene schaden. In Ansehung des Wie? wage ich es nicht      
  12 Ihrer Klugheit Vorschläge zu thun, da Sie selbst allein mit den Verbindungen      
  13 in Göttingen u. Hannover bekannt und, durch welche Sie      
  14 mir nützlich seyn könnten. Nur so viel erlauben Sie mir aus meiner      
  15 eignen Localkenntniß hinzuzufügen. In Hannover gibt es zwey      
  16 Männer, welche vorzüglich auf die Besetzung der Stelle Einfluß haben.      
  17 Diese sind der Geh. Sekr. Brandes und Rehberg. Ersterer ist      
  18 Departementssecretär, letzterer steht in vielen Verbindungen mit      
  19 jenem. Ich habe Ursache zu glauben, daß ich die Achtung beyder      
  20 genieße, u. ich glaube, daß wenn Sie Gelegenheit nähmen, mich      
  21 ihnen zu empfehlen u. Sie zu bitten, ihren Einfluß dahin zu verwenden,      
  22 daß auf mich reflektirt würde, dieses mir von großen Nutzen      
  23 seyn könnte. In Göttingen ist Heyne, ein Mann von sehr liberaler      
  24 Denkart, der zwar die Kritik nicht studirt hat, aber in ihren Resultaten      
  25 die Freyheit ihres Geistes erkennt. Er wünscht daher sehr, daß der      
  26 kritische Geist in der Philosophie daselbst in Aufnahme käme, u. ich      
  27 weiß , daß er wünscht, ich möchte nach G. gerufen werden. Wenn      
  28 nun Sie eine Gelegenheit finden könnten, mich ihm noch insbesondre      
  29 zu empfehlen; so würde gewiß seine Thätigkeit für mich verdoppelt      
  30 werden. Hr. Ammon, Stäudlin, Girtanner etc. sind für mich. Denn      
  31 sie haben die Sache ohne mein geringstes Zuthun an mich gebracht.      
  32 Ich bitte Sie aber recht sehr mich nicht miszuverstehen. Ich thue      
  33 keine bestimmte Bitte in Ansehung aller dieser Vorschläge, sondern      
  34 überlasse es ganz Ihrer Güte u. Klugheit, was Sie darauf beschließen      
  35 wollen. Ich bin überzeugt daß, was Sie auch in dieser Sache thun      
  36 mögen, gewiß mit Ihrer Gewogenheit gegen mich u. mit dem Heile      
  37 der Wissenschaften zusammenstimmt.      
           
           
     

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