Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 354

     
           
 

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  01 ohne dadurch, daß das Nichtseyn seinem Begriff wiederspricht. Nun      
  02 wiederspricht das Nichtseyn eines Dinges niemals dem Begriffe des      
  03 Dinges an sich selbst; also ist der Begrif des entis necessarii für die      
  04 menschliche Vernunft unerreichlich, aber doch nothwendig anzunehmen,      
  05 weil sonst die Reihe des Bedingt nothwendigen nie geendigt wird.      
           
  06 Daß es nur auf eine einzige Art determinabel ist, folgt daraus, weil      
  07 seine Existenz aus dem bloßen Begriffe folgen soll. Nun ist alles, was      
  08 existirt, durchgangig determinirt, und die Existenz kan also nur da geschlossen      
  09 werden aus einem Begriffe, der durchgängig bestimmt, geschlossen      
  10 werden oder; sonst folgt sie gar nicht aus dem Begriffe, sondern einem      
  11 andern angenommenen Daseyn.      
           
  12 Es ist ein Unterschied: das nothwendige Wesen zum Behuf      
  13 eines andern annehmen, und: ein Wesen durch seinen Begif      
  14 als nothwendig erkennen.      
           
  15 Wir können nicht sagen, daß ein Wesen darum zufallig existire, weil      
  16 es verandert wird, sondern: daß wir sein Daseyn alsdenn nicht aus      
  17 seinem bloßen Begrif erkennen könnten; denn da müßte es nur auf eine      
  18 einzige Art determinabel seyn. Aber wir können gar keines Dinges Daseyn      
  19 aus seinem bloßen Begriffe erkennen, obgleich, wenn wir es erkennen      
  20 könnten, zugleich die durchgängige Bestimmung darin enthalten seyn      
  21 würde.      
           
  22 Der Begrif des realissimi schickt sich allein zum Begriffe entis      
  23 necessarii.      
           
   

 

5784.   ψ3.   M 34.   E II 1626. 1659.   Zu M § 114:
 
     
  25 * Ich setze etwas entweder als obiect einer partialen oder der durchgängigen      
  26 Bestimmung. Im ersten Falle setze ich durch den Begrif eines      
  27 Dinges das allgemeine und also vielerley. Im zweyten Falle das einzelne      
  28 und dessen, was nicht nicht vielerley seyn kan. Das Substratum der      
  29 durchgangigen Bestimmung ist, was die Materie zu allen Bestimmungen      
  30 eines Dinges überhaupt enthält; mithin kan ich nicht sagen: wenn ich ein      
  31 solches annehme, sondern die Vernunft setzt dergleichen bey aller Möglichkeit      
  32 voraus. In ansehung der durchgängigen Bestimmung also ist Moglichkeit      
  33 und wirklichkeit einerley, und seine durchgängige Bestimmung ist      
  34 nicht etwa allgemein gedacht, sondern zugleich als einzelne.      
           
     

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