Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 723

     
           
 

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  01 Die Definition des schlechthin ersten Anfangs ist das Daseyn, vor      
  02 welchem eine Zeit vorherging, da noch gar kein Ding war.      
           
  03 Wen wir annehmen, es laße sich ein Anfang Denken, vor dem gar      
  04 keine Zeit vorhergeht, so wird sich auch ein Ende denken (g lassen ), auf      
  05 welches gar keine Zeit folgt. Da würde man aber sagen müssen, eine      
  06 Welt sey gewesen und nun nicht mehr, welches, da es doch eine Zeit, die      
  07 auf die Dauer der Welt folgt, annimmt, ein Wiederspruch seyn würde.      
           
   

 

6451.   ω1—3.   M 382b.
 
     
  09
Von der Moralthwologie.
     
           
  10 Den Endzwek aller Dinge kan man wissen, weil er moralisch ist,      
  11 nämlich das höchste (g zufällige ) Gut. Dieses giebt den Begrif von einem      
  12 hochsten Ursprünglichen Gut, d. i. einem moralischen Welturhebeer, und      
  13 dieser Begrif bestimmt denselben als das allervollkommenste, da der      
  14 physico 'theologe nur ein wesen von großer Vollkommenheit beweisen      
  15 konnte. Eigentlich giebt die moral objectiv keinen Beweis, sondern nur      
  16 subjectiv eine moralisch nothwendige annahme der Bedingungen, unter      
  17 denen das object der moral, das hochste Gut, auf der Seite, da es nicht      
  18 in unserer Gewalt ist (nämlich der Glükseeligkeit), allein möglich ist.      
           
  19 Zuerst die Vorstellung der Welt als eines Systems der caus des      
  20 nexus finalis physici (causarum finalium physicarum, worunter auch der      
  21 Mensch seyn muß). Also verstandiges Urwesen, aber nocht nicht Gott, weil      
  22 dazu der Begrif der Weltvollkomenheit aus Erfahrung nicht zureicht. Nun      
  23 die Vorstellung der Welt als eines systematis caussarum finalium moralium      
  24 zum höchsten Gut. Denn der Mensch, der im nexu finali physico      
  25 ein Glied ist; aber in sich ein princip eines höheren nexus finalis antrift,      
  26 wird sich sein Daseyn auch in ansehung dessen auf einen Ve denselben      
  27 Verständigen Urheber bziehen; aber der Begrif desselben ist als von      
  28 einem Wesen als Urheber des hochsten Gutes, weil dieser allein der Zwekbeziehung      
  29 des moralischen Menschen angemessen ist. Dadurch wird die      
  30 annahme eines lebendigen Gottes als moralischen Wesens und hiemit      
  31 auch als allgnugsamen Wesens angenommen.      
           
  32 Dieses ist kein objectiv-hinreichender theoretischer Beweis, aber subjectiv      
  33 -practisch hinreichender moralischer Beweis. Die Annahme von Gott      
  34 ist nicht nothwendig, um eine Pflicht zu erfüllen in einzelnen Handlungen,      
     

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