Kant: AA XX, Erste Einleitung in die Kritik der ... , Seite 210

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 auch umgekehrt, zu dem Besonderen das Allgemeine zu finden. Der      
  02 Verstand aber abstrahirt in seiner transscendentalen Gesetzgebung der      
  03 Natur von aller Mannigfaltigkeit möglicher empirischer Gesetze; er      
  04 zieht in jener nur die Bedingungen der Möglichkeit einer Erfahrung      
  05 überhaupt ihrer Form nach in Betrachtung. In ihm ist also jenes Princip      
  06 der Affinität der besonderen Naturgesetze nicht anzutreffen. Allein die      
  07 Urtheilskraft, welcher es obliegt, die besondern Gesetze, auch nach dem,      
  08 was sie unter denselben allgemeinen Naturgesetzen verschiedenes haben,      
  09 dennoch unter höhere, obgleich immer noch empirische Gesetze zu bringen,      
  10 muß ein solches Princip ihrem Verfahren zum Grunde legen. Denn      
  11 durch Herumtappen unter Naturformen, deren Übereinstimmung      
  12 unter einander zu gemeinschaftlichen empirischen, aber höheren Gesetzen,      
  13 die Urtheilskraft gleichwohl als ganz zufällig ansähe, würde es noch      
  14 zufälliger sein, wenn sich besondere Wahrnehmungen einmal      
  15 glücklicher Weise zu einem empirischen Gesetze qualificirten; viel mehr      
  16 aber, daß mannigfaltige empirische Gesetze sich zur systematischen Einheit      
  17 der Naturerkenntniß in einer möglichen Erfahrung in ihrem ganzen      
  18 Zusammenhange schickten, ohne durch ein Princip a priori eine      
  19 solche Form in der Natur vorauszusetzen.      
           
  20 Alle jene in Schwang gebrachte Formeln: die Natur nimmt den      
  21 kürzesten Weg — sie thut nichts umsonst — sie begeht keinen      
  22 Sprung in der Mannigfaltigkeit der Formen (continuum      
  23 formarum) — sie ist reich in Arten, aber dabey doch sparsam      
  24 in Gattungen, u.d.g. sind nichts anders als eben dieselbe transscendentale      
  25 Äußerung der Urtheilskraft, sich für die Erfahrung als System      
  26 und daher zu ihrem eigenen Bedarf ein Princip festzusetzen. Weder      
  27 Verstand noch Vernunft können a priori ein solches Naturgesetz begründen.      
  28 Denn, daß sich die Natur in ihren blos formalen Gesetzen      
  29 (wodurch sie Gegenstand der Erfahrung überhaupt ist) nach unserm      
  30 Verstande richte, läßt sich wohl einsehen, aber in Ansehung der besondern      
  31 Gesetze, ihrer Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit, ist sie von allen      
  32 Einschränkungen unseres gesetzgebensen Erkenntnißvermögens frey, und      
  33 es ist eine bloße Voraussetzung der Urtheilskraft, zum Behuf ihres      
  34 eigenen Gebrauchs von dem Empirisch//Besondern jederzeit zum allgemeinern      
           
    01 Komma fehlt.      
    02 Komma vor: in      
    03 Gesetze; δ denn (?)      
    04 in jener g.Z. (Kant).      
    15 viel mehr erst: noch mehr (Kant).      
    22 Formen δ die sie aufstellt      
    22-23 (continuum formarum) g.Z. am Rande (Kant).      
    28 Denn, daß die erg. Buek.      
    31 Kein Komma vor: ist      
    32 Kein Komma vor: und      
           
           
     

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