Kant: AA XX, Erste Einleitung in die Kritik der ... , Seite 223

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Daher hat unsere transscendentale Ästhetik des Erkenntnißvermögens      
  02 wohl von sinnlichen Anschauungen, aber nirgend von ästhetischen Urtheilen      
  03 reden können; weil, da sie es nur mit Erkenntnißurtheilen, die das      
  04 Object bestimmen, zu thun hat, ihre Urtheile insgesammt logisch seyn      
  05 müssen. Durch die Benennung eines ästhetischen Urtheils über ein      
  06 Object wird also sofort angezeigt, daß eine gegebene Vorstellung zwar      
  07 auf ein Object bezogen, in dem Urtheile aber nicht die Bestimmung des      
  08 Objects, sondern des Subjects und seines Gefühls verstanden werde.      
  09 Denn in der Urtheilskraft werden Verstand und Einbildungskraft im      
  10 Verhältnisse gegen einander betrachtet, und dieses kann zwar erstlich      
  11 objectiv, als zum Erkenntniß gehörig, in Betracht gezogen werden (wie      
  12 in dem transscendentalen Schematism der Urtheilskraft geschah); aber      
  13 man kann eben dieses Verhältniß zweyer Erkenntnißvermögen doch auch      
  14 blos subjectiv betrachten, so fern eins das andere in eben derselben Vorstellung      
  15 befördert oder hindert und dadurch den Gemüthszustand      
  16 afficirt und also als ein Verhältniß, welches empfindbar ist (ein Fall,      
  17 der bey dem abgesonderten Gebrauch keines andern Erkenntnißvermögens      
  18 statt findet). Obgleich nun diese Empfindung keine sinnliche      
  19 Vorstellung eines Objects ist, so kann sie doch, da sie subjectiv mit der      
  20 Versinnlichung der Verstandesbegriffe durch die Urtheilskraft verbunden      
  21 ist, als sinnliche Vorstellung des Zustandes des Subjects, das durch einen      
  22 Actus jenes Vermögens afficirt wird, der Sinnlichkeit beygezählt und      
  23 ein Urtheil ästhetisch, d.i. sinnlch (der subiectiven Wirkung, nicht dem      
  24 Bestimungsgrunde nach) genannt werden, obgleich Urtheilen (nämlich      
  25 objectiv) eine Handlung des Verstandes (als obern Erkenntnißvermöens      
  26 überhaupt), und nicht der Sinnlichkeit ist.      
           
  27 Ein jedes bestimmende Urtheil ist logisch, weil das Prädicat      
  28 desselben ein gegebener objectiver Begriff ist. Ein bloß reflectirendes      
  29 Urtheil aber über einen gegebenen einzelnen Gegenstand kann ästhetisch      
  30 seyn, wenn (ehe noch auf die Vergleichung desselben mit andern gesehen      
  31 wird) die Urtheilskraft, die keinen Begrif für die gegebene Anschauung      
  32 bereit hat, die Einbildungskraft (blos in der Auffassung desselben) mit      
  33 dem Verstande (in Darstellung eines Begrifs überhaupt) zusammenhält      
  34 und ein Verhältniß beider Erkenntnißvermögen wahrnimmt, welches die      
  35 subjective blos empfindbare Bedingung des objectiven Gebrauchs der      
           
    01 transscendentale g.Z. (Kant).      
    04 Object δ (g.Z. am Rande, Kant): als Bestimmung desselben      
    16 und also ein (mit Beck).      
    23-24 (der — nach) g.Z. am Rande (Kant).      
    25 Obern      
    25-26 Erst Schlußklammer hinter: Erkenntnißvermögens Komma vor statt nach der Klammer.      
    31 wird,)      
           
           
     

[ Seite 222 ] [ Seite 224 ] [ Inhaltsverzeichnis ]