Kant: AA XXIII, Ergänzungen zum ... , Seite 544

   
         
 

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  01 denn wenn dieses abgehärtet ist worauf will man Religion gründen.-    
  02 Setzt Gott hätte nicht allein wie er es wirklich that dem Hiob seine Vermessenheit    
  03 in Beurtheilung seiner Weltregierung väterlich verwiesen    
  04 sondern ihm dagegen auferlegt fernerhin die Gerechtigkeit in allem was    
  05 ihm widerfahren zu preisen: was wäre geworden. Er hätte die Worte    
  06 gebraucht aber das Herz wäre niemals dabey gewesen weil er es nicht    
  07 mit dem Bewustseyn seiner Rechtschaffenheit in Vergleichung gegen    
  08 andere vereinigen konnte. Gott hätte also einen Heuchler aus einem ehrlichen    
  09 Manne gemacht. Er führte ihn auf die Wunder seiner Macht    
  10 Weisheit und Vorsorge in der Natur da doch auch viele zwecklos u. schädlich    
  11 scheinende Dinge angetroffen werden und lies ihn selbst urtheilen.    
  12 Natürlich mußte er so wie in dieser also auch in jener Ordnung die Schuld    
  13 des Übelstandes in seiner Unwissenheit suchen. So wie gezwungene    
  14 Schmeicheley im Umgange falsche Freunde macht und erzwungene Unterwerfung    
  15 selbstverachtung u. Hochpreisung eines Mächtigen treulose Unterthanen    
  16 und selbst die Monarchen mehr auf die innere Hochschätzung der    
  17 Heiligkeit die dem Oberhaupt der öffentlichen Gerechtigkeit u. Ordnung    
  18 zukommt als auf kriechende und falsche Gunstbewerbungen rechnen    
  19 müssen etc. Der Priester welcher sich als einen göttlichen Geschäftträger    
  20 ansieht der mit dem Ansehen bekleidet ist allein Gnaden auszutheilen u.    
  21 zu entziehen ist ein Pfaffe. Die Hochachtung für die eingeführte Religionsübung    
  22 wird immer bleiben selbst wenn keine 39 Artikel beschworen werden.    
         
  23 Es ist ein großer Unterschied zwischen der Erklärung seiner Meynung    
  24 in Ansehung der Frage was eine Sache ist und der wie diese Sache zuerst    
  25 introducirt worden. In der besten bürgerlichen Verfassung herrscht viel    
  26 Ungewisheit in Ansehung der Frage wie sie introducirt worden ob durch    
  27 einen ursprünglichen Contract ob durch allmählige revolution oder eine    
  28 fremde Gewalt hierüber mögen Gelehrte immer disputiren Bürger    
  29 wenn sie nur darinn einig seyn daß eine ihnen heilsame Verfassung wenn    
  30 sie einmal da ist müsse heilig gehalten werden. Alle Wunder gehören zu    
  31 den Mitteln der Introduction welche uns historisch mitgetheilt werden    
  32 müssen. Das was alle Welt wissen muß weil jedermann darnach handeln    
  33 soll muß sich auch unabhängig von historisch. folglich von Gelehrsamkeit    
  34 erhalten lassen und im practischen bestehen. Man kan also alle Wunder    
  35 bezweifeln ohne sie für unmöglich auszugeben und darum zu leugnen    
  36 ja auch nur die Aufrichtigkeit der Erzähler deren Moralität besser als    
         
     

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