Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 135

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Zeitbestimmung, welche als das Schema der Verstandesbegriffe die      
  02 Subsumtion der letzteren unter die erste vermittelt.      
           
  03 Nach demjenigen, was in der Deduction der Kategorien gezeigt      
  04 worden, wird hoffentlich niemand im Zweifel stehen, sich über die Frage      
  05 zu entschließen: ob diese reine Verstandesbegriffe von bloß empirischem      
  06 oder auch von transscendentalem Gebrauche seien, d. i. ob sie lediglich als      
  07 Bedingungen einer möglichen Erfahrung sich a priori auf Erscheinungen      
  08 beziehen, oder ob sie als Bedingungen der Möglichkeit der Dinge überhaupt      
  09 auf Gegenstände an sich selbst (ohne einige Restriction auf unsre      
  10 Sinnlichkeit) erstreckt werden können. Denn daßhaben wir gesehen: da      
  11 Begriffe ganz unmöglich sind, noch irgend einige Bedeutung haben können,      
  12 wo nicht entweder ihnen selbst, oder wenigstens den Elementen, daraus      
  13 sie bestehen, ein Gegenstand gegeben ist, mithin auf Dinge an sich (ohne      
  14 Rücksicht, ob und wie sie uns gegeben werden mögen) gar nicht gehen      
  15 können; daß ferner die einzige Art, wie uns Gegenstände gegeben werden,      
  16 die Modification unserer Sinnlichkeit sei; endlich daß reine Begriffe a priori      
  17 außer der Function des Verstandes in der Kategorie noch formale Bedingungen      
  18 der Sinnlichkeit (namentlich des innern Sinnes) a priori enthalten      
  19 müssen, welche die allgemeine Bedingung enthalten, unter der die      
  20 Kategorie allein auf irgend einen Gegenstand angewandt werden kann.      
  21 Wir wollen diese formale und reine Bedingung der Sinnlichkeit, auf      
  22 welche der Verstandesbegriff in seinem Gebrauch restringirt ist, das      
  23 Schema dieses Verstandesbegriffs und das Verfahren des Verstandes mit      
  24 diesen Schematen den Schematismus des reinen Verstandes nennen.      
           
  25 Das Schema ist an sich selbst jederzeit nur ein Product der Einbildungskraft;      
  26 aber indem die Synthesis der letzteren keine einzelne Anschauung,      
  27 sondern die Einheit in der Bestimmung der Sinnlichkeit allein      
  28 zur Absicht hat, so ist das Schema doch vom Bilde zu unterscheiden. So,      
  29 wenn ich fünf Punkte hinter einander setze: ..... , ist dieses ein Bild      
  30 von der Zahl fünf. Dagegen wenn ich eine Zahl überhaupt nur denke,      
  31 die nun fünf oder hundert sein kann, so ist dieses Denken mehr die Vorstellung      
  32 einer Methode, einem gewissen Begriffe gemäß eine Menge (z. E.      
  33 Tausend) in einem Bilde vorzustellen, als dieses Bild selbst, welches ich      
  34 im letztern Falle schwerlich würde übersehen und mit dem Begriff vergleichen      
  35 können. Diese Vorstellung nun von einem allgemeinen Verfahren      
  36 der Einbildungskraft, einem Begriff sein Bild zu verschaffen, nenne ich      
  37 das Schema zu diesem Begriffe.      
           
           
     

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